Seit über zwei Jahrzehnten bewegt sich der Innerschweizer Alex Porter auf dem Illusionsparkett der Realitäten. Hier forscht und findet er – inspiriert durch Träume und Meditationen. Das märchenhafte Stück «99 Elefanten» hat am Luzerner Theater Premiere.
«Es ist eine Arbeit mit sehr vielen jungen Leuten und einem jungen Regisseur. Sie ist spannend, ermöglicht sie mir doch neue Blickwinkel darauf, was einem wichtig ist und wie man etwas angeht», sagt der bekannte Zauber-Performer. 13 Kinder, fünf Schauspielerinnen und Schauspieler sowie zwei Musikerinnen zählt die Truppe. Erarbeitet wurde das Stück von Alex Porter, Patrizia Wenk und Benno Muheim, der auch die Regie führt.
Ein Zirkusdirektor
In den letzten 25 Jahren hat Alex Porter elf Soloprogramme realisiert. Es gibt Leute, die kein einziges ausgelassen haben. Beliebt sind auch die «Magic Dinners», die Porter neuerdings mit einem intimeren Zaubereiambiente wieder konsequenter auf die Essenz fokussiert. «Er nimmt die Zuschauer mit in seine Fantasiewelt, wo Wirklichkeit und Zauberwelt miteinander verschmelzen», schrieb die «Schweiz am Sonntag» kürzlich.
In «99 Elefanten» ist der charmante und listige Luzerner für einmal nicht als Zauberer, sondern in erster Linie als Schauspieler zu erleben. «Ich kann mich nicht hinter Tricks verstecken», sagt er. Das habe ihn zunächst irritiert. Trotzdem hat er sich hineinbegeben. «Ich weine, bin extrem wütend, lache minutenlang oder falle auch mal rücklings vom Stuhl. Ich gehe in dieser Rolle durch alle Stimmungslagen.»
Zaubertricks wird es in «99 Elefanten» trotzdem geben: Die zersägte Jungfrau erlebt Auferstehung, und auch eine fliegende Kanonenkugel ist zu sehen. Das sind inszenierte Tricks, eingewoben in die Szenen. In der ursprünglichen Fassung, die Porter mit seiner Frau, Patrizia Wenk, erarbeitet hatte, stand das Performerische und Trickbetonte stärker im Vordergrund. Der Regisseur wollte dann vermehrt eine Geschichte daraus machen. «Das war harte Arbeit, aber wir sind ein ausgezeichnetes Team geworden.»
Tränen in den Augen
Porter spielt August, den Zirkusdirektor, der mit seinem Zirkus an den wirtschaftlichen Abgrund geraten ist. Dann beginnt er zu träumen und begibt sich mit einem Hasen auf Reise nach Indien, wo er zusammen mit den Kindern 99 Elefanten ins Leben zaubern will. Das ist ein ambitiöses Unternehmen, da sich August alles im Traum erschaffen muss und eine Widersacherin dazwischenfunkt.
Andere Welten
Das Stück spielt auf unterschiedlichen Realitätsebenen, in denen es auch mal handfest zauberhaft zu- und hergeht. Wie kommen die Kinder mit den verschiedenen Wechseln zwischen Traum und Wirklichkeit zurecht? Er habe ein gutes Gefühl, sagt Porter. «In der ersten Hauptprobe hatten die mitspielenden Kinder Tränen in den Augen. Da habe ich gemerkt, dass es funktioniert.»
Mit seinen Soloprogrammen hat Alex Porter eine Form von Zauberei-Performance kreiert, in der er poetische Geschich-ten spinnt und mit Tricks verblüfft, die wunderlich anmuten. Eigentlich ist er ein Erzähl- und Gesangszauberer. Musikalisch macht er auf schrägen Reggae oder verulkt den Hip-Hop. «Es ist diese Kombination von Zauberei, Erzählung und Gesang, aus denen die mystischen und ‹ver-rückten› Atmosphären kreiert werden.»
Porter fühlt sich wohl auf diesem Terrain. Er lebt und träumt in andersweltigen Gefilden, deren feinstoffliche Energien er anzapft und in seine Performances integriert. «Was man sieht, findet nur zum Teil statt. Das möchte ich den Menschen zeigen.» Alles sei ein Konstrukt des Geistes: Was ist realer als anderes?
Porter macht das seinem Publikum bewusst. Er bringt die Leute zum Sinnieren über die Realitäten und stellt Wahrnehmungen in Frage. Aber nicht als Prediger oder Politiker, sondern als Trickster mit Witz.
Ein grundlegendes Energiefeld für seine Kreationen schafft sich Porter mit dem Meditieren. Er praktiziert seit Jahren Qi Gong, Tai Chi und Tao Yoga, das er auch unterrichtet. Er hat schon mehrmals Dark Retreats gemacht und zwei bis drei Wochen in völliger Dunkelheit verbracht. Ein spirituelles, um nicht zu sagen psychedelisches Erlebnis, das er jeweils wieder, neu verankert, für den Alltag transformiert. Abheben will er nicht, aber tiefer vorstossen und dadurch als Performer, Familienvater, Zauberer, Geschichtenentdecker immer stimmiger aus dem Moment heraus wirken.
Neu geboren
Zwei Wochen vor der Premiere kämpft Porter mit den letzten Aufregungen der Produktion. Hier muss das Bühnenbild angepasst, dort eine dynamische Komponente intensiviert oder eine Szene nochmals nuanciert werden. Und wenn dann August, der Zirkusdirektor, aus seinen Träumen und Alpträumen erwachen wird, hat er sich und die Welt wie neu geboren.
99 Elefanten
Premiere: Mi, 20.11, 13.30
Luzerner Theater