Welche Aussicht! Die Münster-Pfarrerin Caroline Schröder Field sieht von ihrem Büro hoch über dem Rhein auf das gegenüberliegende Ufer des «minderen Basel» – ein weit gezogenes Panorama. Hier schreibt die junge Pfarrerin ihre Predigten; es sind viele. Denn sie spricht regelmässig vor der protestantischen Münstergemeinde, und sie hält fünf Mal im Jahr die Radiopredigt auf SRF 2 Kultur. Der Evangelische Kirchenbund hat nun erstmals einen Preis für die beste Predigt verliehen, der ihr zugesprochen wurde.
Schröder Field macht es ihrer Zuhörerschaft nicht leicht – Auszeichnung der Landeskirche hin oder her: «Da kam Josef und sagte es dem Pharao und sprach: Mein Vater und meine Brüder, ihr Kleinvieh und Grossvieh und alles, was sie haben, sind gekommen aus dem Lande Kanaan, und siehe, sie sind im Lande Goschen …» Das ist der erste Satz der Schriftlesung, auf die sich eine ihrer Predigten vor der Basler Gemeinde bezieht.
Kirchliches Erlebnis
Laufen bei solchen Worten nicht die Leute zur Kirche hinaus? «Es gehört zur Tradition der Basler Münstergemeinde, als Hintergrundtext der Predigt ein Kapitel aus der Bibel vorzulesen.» In diesem Fall stand die Predigt unter dem Titel «Hunger!» und erinnerte die Zuhörer am Schluss: «Der Hunger schafft gerade da, wo wir meinen, ihn überwunden zu haben, neue Fakten.» Dabei ist der Pfarrerin bewusst, dass sie ein disperses Publikum im Basler Münster ansprechen muss: «Viele kommen jeden Sonntagmorgen, andere sind nur zufälligerweise auf Besuch.» Die Habitués will sie mit Fortsetzungsgeschichten aus der Bibel ansprechen und den andern ein spirituelles Erlebnis im Münster vermitteln.
Caroline Schröder Field wuchs im deutschen Rheinland auf. Sie wandte sich dem Methodismus zu, studierte in den USA Theologie, wo sie über Jonathan Edwards doktorierte, einen Theologen der frühen Erweckungsbewegung im 18. Jahrhundert. Sie kam als Pfarrerin der methodistischen Gemeinde Winterthur mit ihrer Familie in die Schweiz, seit drei Jahren ist sie Pfarrerin am Basler Münster und nimmt damit eine bedeutende Stellung in der evangelischen Hierarchie ein.
Christliche Botschaft
Ein anderes, heterogeneres Publikum als im Münster findet sie bei den Radiohörern. Auch ihnen macht es Schröder Field nicht einfach, so erzählt sie von der wundersamen Fernheilung eines Jungen. Für die Predigerin ist nicht die Heilung das wirkliche Wunder, sondern dass der besorgte Vater Jesus die Heilung glaubt. Eine solche christliche Botschaft hat es bei Zweiflern schwer.
Anspruchsvoll oder nicht; Schröder Field glaubt an die Kraft der christlichen Verkündigung. Ebenso wichtig ist ihr indes die Seelsorge: «Da werde ich zur Zeugin eines fremden Lebens», sagt sie etwa über Trauerfälle. Trotz der Distanz einer Aussenstehenden gehe ihr «die Begleitung von Trauernden» unter die Haut: «Oft ist es für mich schwierig, abends abzuschalten.» Entscheidend bei dieser Arbeit sei das Ziel: «Die Hinterbliebenen sollen ihr eigenes Leben neu gestalten können.»
Caroline Schröder Field spricht in ihrem Büro langsam und bedächtig. Bei Fragen hält sie inne, sucht nach Antworten, die auch für sie nicht naheliegend sind. Da kann der Besucher sie fast nicht mit der Person in Verbindung bringen, die am Radio mit viel Eloquenz von den Wundern Christi erzählt – mit unerschütterlicher Überzeugungskraft.
Radiopredigt
So, 21.9., 09.30 SRF 2 Kultur
So, 28.9., 09.30 SRF 2 Kultur