Mit den Waffen der Ironie
Sunil Manns Privatdetektiv Vijay Kumar ermittelt im neuen Krimi «Schattenschnitt» zwischen der Zürcher Langstrasse und der indischen Metropole Mumbai.
Inhalt
Kulturtipp 01/2017
Babina Cathomen
Ein buntes Völkchen mischt sich an der berüchtigtsten Rotlichtmeile der Schweiz: Johlende Partyleute, Prostituierte, Drogendealer, die zischelnd ihre Ware feilbieten, szenige Kulturschaffende oder zerknitterte Stadt-Originale. Autor Sunil Mann hat über 20 Jahre lang im Zürcher Kreis 4 gelebt und beschreibt sie alle treffend in seinem Krimi «Schattenschnitt» – mit kräftigen Seitenhieben in alle Richtungen.
Politiker und Promis kriege...
Ein buntes Völkchen mischt sich an der berüchtigtsten Rotlichtmeile der Schweiz: Johlende Partyleute, Prostituierte, Drogendealer, die zischelnd ihre Ware feilbieten, szenige Kulturschaffende oder zerknitterte Stadt-Originale. Autor Sunil Mann hat über 20 Jahre lang im Zürcher Kreis 4 gelebt und beschreibt sie alle treffend in seinem Krimi «Schattenschnitt» – mit kräftigen Seitenhieben in alle Richtungen.
Politiker und Promis kriegen ihr Fett weg
Den Mode-Trend der jungen Hipster, die ihre Haare an der Seite abrasieren und auf dem Scheitel zu einem Dutt zusammenbinden, kommentiert er salopp als «Hitlerjugend trifft Charleys Tante» und fügt an: «Womöglich funktioniert diese Art von Frisur als Verhütungsmittel.» Seine spitze Ironie macht auch vor dem Establishment aus Politik und Wirtschaft nicht halt.
Zum sechsten Mal schickt der 44-jährige Autor seinen Detektiv Vijay Kumar, der wie er selbst indische Wurzeln hat, auf Ermittlungstour. Der Schnüffler beobachtet, wie eine Dokumentarfilmerin an der Lang-strasse niedergestochen wird. Kurz zuvor hatte er sie mit einer mysteriösen Gestalt mit «karmesinrot geschminkten Lippen» gesehen. Im Lauf der Ermittlungen stellt sich heraus, dass es sich dabei um eine Hijra handelt, eine Transsexuelle aus Indien, die selbst in akuter Gefahr ist. Eine heisse Spur führt ihn schliesslich bis in die indische Millionenmetropole Mumbai. Zum Leidweisen des Detektivs nützt seine Mutter die Reise, um ein Treffen mit den redseligen Verwandten und der vermeintlich «heiratslüsternen» Cousine zu arrangieren … Sunil Mann packt viele Themen in seinen Krimi: Die Eitelkeiten in der Kulturszene, die unterschiedlichen Gepflogenheiten der Schweizer und Inder, Medikamentenmissbrauch, die Lebensbedingungen HIV-positiver Menschen oder der prekäre Status des dritten Geschlechts in Indien. Dennoch verliert der Krimi nicht an Tempo und bietet beste Unterhaltung. Für Einheimische liefert er vergnügliche Wiedererkennungseffekte, und die Ortsunkundigen erfahren, wo es den feinsten Espresso oder den besten «Inder» der Stadt gibt. Abgesehen von wenigen aufgesetzten Dialogen ist «Schattenschnitt» ein Lesevergnügen für Krimifans mit Flair für die Limmatstadt und sarkastische Detektive.
Buch
Sunil Mann
«Schattenschnitt»
320 Seiten
(Grafit 2016).