kulturtipp: Michael Haefliger, alle Welt fragt Sie dieser Tage nach einem Witz. Trifft es zu, dass Sie es eher mit dem Sarkasmus haben?
Michael Haefliger: Ja, das stimmt. Aber das Festivalthema Humor ist als Sammelbegriff gedacht. Da gehören Sarkasmus, Komik und Ironie dazu. Diese Palette spiegelt sich und zeigen wir auch in der Musik.
Wann spielt in Ihrem Beruf der Humor eine Rolle?
Ein Intendant darf nicht alles zu ernst nehmen – weder Künstler noch Journalisten … Künstler sind nun mal spezielle Menschen. Die leben in ihren Welten, konzentriert auf den Auftritt. Sie sind oft sehr nervös, das macht sich immer wieder anders bemerkbar. Da braucht es bisweilen Humor von meiner Seite, ich muss auch mal helfen, Anspannung abzubauen. Gewisse Künstler, vor allem jüdische, machen das gleich selbst und sagen dann: «Michael, ich fühle mich schlecht, kann nicht auftreten.» Dann folgt ein tolles Konzert.
Festivalthema ist Humor, deswegen etwas Ernstes: Können wir übers Geld reden?
Wenn Sie wollen.
Zahlt Lucerne Festival, ein bloss zu 5 Prozent subventionierter Anlass, gleich hohe Gagen wie andere, saisonale Konzertveranstalter?
Ich kenne die Zahlen der anderen nicht. Aber es ist nicht so, dass wir mehr bezahlen, damit jemand bei den anderen nicht auftritt.
Es gibt also mehr oder weniger feste Gagen im Klassikmarkt, es liegt dann am Künstler, den Ort zu wählen?
In Luzern haben wir mit vielen Partnern eine grosse Tradition aufgebaut. Man darf nicht vergessen: Luzern ist das grosse Festival für Sinfonieorchester, so etwas wie das Lucerne Festival gibts nur einmal auf der Welt.
Sie sind also am längeren Hebel: Die Orchester und die Künstler wollen hierherkommen.
Ja, aber es gibt auch andere Festivals, die Orchester einladen: die Migros Classics, das Menuhin Festival Gstaad oder Lugano, das ja ab Herbst einen neuen Konzertsaal haben wird. Die Schweiz ist in Europa für internationale Orchester ein interessanter Markt.
Was kostet Sie das Engagement eines Orchesters mit Dirigent für ein Konzert? Etwa die Amsterdamer mit Andris Nelsons?
Zwischen 100 000 und 250 000 Franken.
Gibts bei zwei Konzerten Rabatt?
Manchmal ja, manchmal nein. Wir sind keine Kleinkrämer. Wenn die Sponsoren mithalten und der Kartenverkauf gut läuft, bezahlen wir gerne eine tolle Leistung.
Stimmt es, dass die berühmtesten Solisten bis 100 000 Franken für einen Auftritt verlangen?
Ich kenne keinen teuren Solisten, der nicht dafür sorgt, dass das Haus ausverkauft ist – oder einen grossen Sponsor mit sich zieht. So viel erhalten aber wirklich nur ganz, ganz wenige. Die teuersten Stars liegen nur in Einzelfällen zwischen 50 000 und 100 000 Franken.
Wie wichtig sind für Lucerne Festival neue Ideen und Formate wirklich? Was bringen in Luzern die Reihen «40min», die «Lounge» oder die Tage der offenen Türen?
Damit wollen wir unsere Kernwerte kommunizieren. Es gibt ein Publikum, das uns noch nicht kennt – denen geben wir so die Möglichkeit, uns kennenzulernen. Bei «40min» proben bedeutende Künstler jeweils um 18.20 im Luzerner Saal des KKL, spielen oder zeigen sonst was. Da ist die Einstiegsschwelle niedrig. Das Angebot ist gratis, aber inhaltlich wertvoll. Damit können wir die Leute einladen, andere Veranstaltungen zu besuchen, eine Karte für ein Sinfoniekonzert zu kaufen. Es ist eine Art Musikvermittlung, die stärker ist als bei einem herkömmlichen Konzert.
Überspitzt kann man sagen: Das Festival übernimmt einen Bildungsauftrag, damit es ihm noch besser geht.
In der Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche liegt heute tatsächlich immer mehr Verantwortung bei uns Veranstaltern, da in den Schulen dem Fach Musik keine wichtige Rolle mehr zukommt. Wir müssen den Jungen vermitteln, dass klassische Musik im Leben eine wichtige Rolle spielt.
Jetzt könnten Sie dafür noch einen Witz erzählen …
Was macht man mit einem toten Bratscher? Nein, lassen wir das, sonst habe ich alle Bratscher gegen mich. Besser der mit der Blondine, die nach Helsinki fliegt? (lächelt)
Festival mit humorvollem Thema
Michael Haefliger wurde 1961 geboren. Seit 1999 leitet er das Lucerne Festival. Das Sommerfestival 2015 steht unter dem Motto Humor und bietet 32 Sinfoniekonzerte und vieles mehr. Isabelle Faust ist Artiste Etoile, Jürg Wyttenbach und Tod Machover sind Composer in Residence. Für fast alle Konzerte gibt es noch Karten.
Lucerne Festival im Sommer
Fr, 14.8.–So, 13.9.
Weitere Infos unter: www.lucernefestival.ch
Lucerne Festival auf Radio und Fernsehen SRF
Festivalauftakt mit Werken von Haydn und Mahler live aus dem KKL Luzern
Fr, 14.8., 19.30 Radio SRF 2 Kultur
Weltenma(h)ler-Abend mit Werken von Mahler live aus dem KKL Luzern
Mi, 19.8., 19.30 Radio SRF 2 Kultur
Gustav Mahlers Sinfonie Nr 5 cis-Moll (Aufzeichnung vom Mi, 19.8.)
So, 23.8., 23.25 TV SRF 1
Werke von Mozart und Bruckner live aus dem KKL Luzern
Do, 27.8., 19.30 Radio SRF 2 Kultur
Weitere Sendungen: www.srf.ch/weltklasse