Der Engel im Zürcher Hauptbahnhof werde die Richtung weisen, mailt Melanie Pfändler zur Frage nach dem Treffpunkt für das Gespräch. Der Engel meint es gut und weist zu einem schattigen Bänklein im Platzspitz. Passend für die junge SRF-Moderatorin, deren bisheriges Leben ähnlichen Weisungen folgte.
Als Maturarbeit hatte sie einen Roman geschrieben, später ein Theaterstück. Ihr Politologie-Studium schloss sie in Lausanne mit einem Master in Sozialpsychologie ab. Und nun moderiert sie auf SRF 2 Kultur eine der ältesten Radiosendungen im Land. «Ein Traumjob», sagt Pfändler. «Was gibt es Schöneres, als sich eine Stunde lang mit Menschen über ihr Leben zu unterhalten?»
Zuvor war die Zürcherin im Newsbereich tätig. «Auch dort schätzte ich eher die vertieften Hintergründe als die Kurzmeldungen», betont sie.
Tschechisch als gute Geheimsprache
Für SRF arbeitet Pfändler seit 2015, als sie bei SRF 4 News ein Praktikum absolvierte. Es folgten Stationen in der Auslandredaktion und beim «Club», für den sie noch immer als Produzentin tätig ist. «Ich wollte schon als Kind Journalistin werden», sagt sie. «Mit meinen Geschwistern habe ich Zeitungen produziert und auch verkauft.»
Ihre ersten Lebensjahre verbrachte die Tochter eines Swissair-Angestellten in Moskau und Lyon. «Für den Schuleintritt gings zurück in die Schweiz.» Den engsten Bezug hat sie zum Zürcher Oberland, schöne Erinnerungen an Tschechien, die Heimat ihrer Mutter.
«Tschechisch war meine erste Sprache», sagt sie in reinstem Züritütsch und lacht: «Mein Freund ist auch Secondo-Tscheche, so haben wir eine gute Geheimsprache.» Pfändler spricht zudem Französisch, Englisch und Spanisch und moderiert auch mal viersprachig. Ihre Leidenschaft für die Sprache hat sie zuerst ans Theater geführt.
Hospitanzen in Zürich und Wien
Als Studentin machte sie Hospitanzen in Zürich und Wien. Letztlich aber fand sie zum Radio. «Hier kann ich mit der Schönheit der Sprache versuchen, Bilder für die Zuhörerinnen und Zuhörer zu kreieren.» Die Sprache hat sie zu ihrem Beruf gemacht, zu ihren Leidenschaften zählt die Musik. «Ich verbinde viele Erinnerungen mit Musik», sagt sie.
Als die Moderationsstelle für «Musik für einen Gast» ausgeschrieben war, hat sie sich deshalb sofort beworben – und die Stelle bekommen. Mit Irene Grüter, die schon länger bei SRF 2 Kultur arbeitet, ersetzt sie die Stelle von Röbi Koller. Kürzlich hat der Engel im HB Zürich Melanie Pfändler zum ICE Richtung Heidelberg gewiesen, wo sie den Gast ihrer nächsten Sendung besuchte.
Es war die Autorin und Podcasterin Jagoda Marinic. «Auch sie eine Seconda, mit der ich mich über die Kunst des guten Gesprächs unterhielt. Und über Musik natürlich.» Mehr verrät sie nicht.
Musik für einen Gast
Jagoda Marinic So, 9.7., 12.38 SRF 2 Kultur
Melanie Pfändlers Kulturtipps
Buch Martin Kordic: Jahre mit Martha (S. Fischer 2022)
«Letzten September bin ich mit meinem Freund von den Alpen bis ans Meer gewandert. Im Gepäck dieses Buch: Ich habe das Zusatzgewicht keine Sekunde bereut.»
Ausstellung «Natur» im Stapferhaus Lenzburg
«Diese Ausstellung verführt auf kreative Art dazu, uns viele Fragen zu unserem Verhältnis zur Natur zu stellen. Ich darf einen Teil der Begleitveranstaltungen moderieren. Die nächste ist am 3. September.» Bis So, 29.10.
Album alt-J: An Awesome Wave (Infectious 2012)
«Vor zehn Jahren habe ich ein Praktikum beim tschechischen Rundfunk absolviert und das Album dort rauf- und runtergehört. Nach diesem Sommer wusste ich: Ich will zum Radio. Kurz vor meiner Rückkehr ist mein Vater verstorben. Das Album wurde so zum Soundtrack einer prägenden Zeit.»