Es ist eine volle Zeit dieser Tage. Ich bin am Komponieren und am Üben mit verschiedenen Bands und Ensembles. Besonders intensiv mit dem Trio Karl ein Karl, denn am 16. Mai steht die Uraufführung unseres neuen Stückes «Der unverrückbare Himmel» an. Aber es ist mir wichtig, Elfenbeinturm und Übungsraum auch regelmässig zu verlassen. Ich besuche gerne Konzerte anderer Musiker, was mich oft inspiriert. Das können auch Konzerte meiner Studenten sein, die ich an der Hochschule Basel unterrichte. In Basel werde ich am 14. Mai das Geburtstagskonzert für Heinz Holliger besuchen. Der Komponist und Oboist wird 75. Ich freue mich vor allem auf seine Komposition «Siebengesang für Oboe, Orchester, Singstimmen und Lautsprecher». Dieses Stück habe ich als Student Mitte der 60er-Jahre auf Platte gehört und auf Partitur studiert, aber noch nie live gesehen. Nun spielt es Holliger selbst, und Dennis Russell Davies wird dirigieren. Das ist eine kleine Sensation, denn das Stück wird selten aufgeführt. Am Tag zuvor, dem 13. Mai, werde ich in der Zürcher Tonhalle ein Konzert des Zürcher Kammerorchesters unter Sir Roger Norrington und mit Sopranistin Christina Landshamer hören. Sie spielen Suiten und Arien aus «Les Boréades», einer Barockoper von Jean-Philippe Rameau. Ich mag Barockopern und finde sie oft sehr anregend. Natürlich gibt es im Barock auch langweilige und starre Opern. Vom 9. bis 11. Mai werde ich die Tage für Neue Kammermusik im norddeutschen Witten besuchen, wo zahlreiche Uraufführungen zu hören sind. In diesem Jahr auch Auseinandersetzungen mit der Musik von Giacinto Scelsi, so von meinem Schweizer Komponistenkollegen Michael Pelzel. Leider verpasse ich deswegen interessante Konzerte in der Werkstatt für Improvisierte Musik in Zürich (WIM), wo ich gelegentlich anzutreffen bin: als Zuhörer und seit der Gründung 1978 auch als Musiker. Improvisierte Musik ist mir genauso wichtig wie komponierte.
Natürlich gibt es auch Kultur jenseits der Musik. Ich gehe gerne in Kunstausstellungen. Nicht verpassen möchte ich im Kunstmuseum Basel «Die überraschten Masken von James Ensor», die noch bis am 25. Mai zu sehen ist. Wozu mir aktuell schlicht die Zeit fehlt, sind Theater- und Kinobesuche. Beides vermisse ich sehr, weil ich es leidenschaftlich mag. Ich habe auch den Überblick verloren, hoffe aber, dass sich das dereinst wieder ändern wird. Zum Lesen komme ich aber immer. Seit einiger Zeit nehme ich Bücher hervor, die ich vor zehn Jahren oder länger gelesen habe, um sie nun wiederzulesen. Aktuell bin ich auf den letzten Seiten von W.G. Sebalds «Die Ringe des Saturn». Das ist ein grandioses Buch, das ich nun zum zweiten, aber bestimmt nicht zum letzten Mal lese. Auf meinem Nachttisch liegen auch Gedichtbände. Zurzeit Liebesgedichte von Wislawa Szymborska. Die vor zwei Jahren verstorbene Polin, die 1996 den Literaturnobelpreis erhalten hat, schreibt wunderschön lapidare Gedichte. Auch Cesare Pavese liegt bereit, ein Melancholiker, den ich sehr schätze.
Konzert
Karl ein Karl: «Der unverrückbare Himmel»
Fr, 16.5., 20.00 Central Uster ZH
Sa, 24.5./Di, 27.5./Mi, 28.5., jew. 20.00
Theater Rigiblick Zürich
www.alfredzimmerlin.ch