Wenn es sein muss, legt sie sich den E-Bass quer übers Knie. Dann drischt sie ihn, tätschelt ihn, zupft und streichelt ihn. Martina Berther hat ein symbiotisches Verhältnis zu ihrem Instrument. «Ich fühle mich dann wohl, wenn ich kreativ und intuitiv spiele», definiert sie ihre musikalische Heimat. An bestimmte Genres denkt sie dabei nicht, wagt lieber den Spagat zwischen Pop, Jazz und experimenteller Musik. Bei Pop-Diva Sophie Hunger oder Rapperin Big Zis ist sie – den Bass normal umgehängt – für die harmonische Erdung zuständig. Mit dem Jazz-Quartett Weird Beard des Zürcher Saxofonisten Florian Egli erkundet sie verschlungene Klangwege, als Solistin bricht sie mit allen Konventionen und lebt den Moment.
«In den letzten Jahren eine Art Revolte durchlebt»
Begonnen hat Berthers musikalische Reise in Chur. In der dortigen Jugendmusik blies sie die Trompete, wechselte aber bald zum Bass. Das Studium absolvierte sie an der Hochschule Luzern, wo musikalische Vielfalt gelehrt und die Avantgarde gelebt wird. Dennoch war sie die erste Frau mit Hauptinstrument E-Bass. Dieser Umstand sowie die Art, wie Martina Berther ans Werk geht, machten viele hellhörig. Bald war sie in unterschiedlichsten Bands anzutreffen: beim Rapper Gimma und den Hip-Hoppern von Breitbild, bei den Pop-Sängerinnen Ursina und Bibi Vaplan. Doch Berther spürte, dass noch anderes in ihr schlummerte. «In den letzten Jahren habe ich eine Art Revolte durchlebt», erklärt sie. «Meine Musik hat sich hörbar verändert.»
Martina Berther suchte nach Herausforderungen und kontaktierte Musikerinnen und Musiker, die sie inspirierten und weiterbrachten. Denn sie weiss: «Findet ein Stillstand statt, werde ich unruhig.» Und so ist die 34-Jährige heute mit einer ganzen Reihe von Bands unterwegs. Im Trio Aul mit Gitarrist Roland Wäspe und Drummer Marco Hänni frönt sie dem Independent Rock, als Duo Ester Poly drischt sie mit der Genfer Drummerin Béatrice Graf psychedelische Punksongs zu feministischen Texten. Und wenn sie für ihre Solo-Exkursionen den Bass mit diversen Effektgeräten verkabelt, mit allerlei Utensilien traktiert oder eben übers Knie legt, dann wird aus der findigen Tüftlerin ihr Alter Ego Frida Stroom.
Hörenswert ist Berther in all ihren Rollen. Einen Überblick über ihr Schaffen bietet sie nun an einer dreiteiligen Carte blanche im Berner Kulturhaus Progr. «Ich möchte unter jeden Abend meine Handschrift setzen», stellt sie in Aussicht. «Ich lade aber auch Musikerinnen und Musiker ein, mit denen ich noch nie zuvor spielte. Das holt mich raus aus der Komfortzone.»
Konzerte
Sa, 23.3., 20.00 Jazztage Dübendorf ZH – mit Weird Beard
Mi, 27.3., 20.30 Progr Bern – Carte blanche: Halo
Do, 28.3., 20.00 Rössli Bern – mit Ester Poly
Do, 4.4., 20.00 Nikki Club Chur – mit Bibi Vaplan
Fr, 5.4., 21.30 Bad Bonn Düdingen FR – mit Big Zis
So, 28.4., 20.30 Progr Bern – Carte blanche: Revolte auf Luna Stroom
So, 12.5., 20.30 Progr Bern – Carte blanche: Ester Poly & Aul
www.martinaberther.ch
CDs
Aul: Uto (Bild)
(Red Brick Chapel 2018)
Bibi Vaplan: Cler (R-Tunes 2018)
Ester Poly: Pique Dame (Ikarus 2017)
Weird Beard: Orientation (Intakt)