Als Kind wollte die namenlose Erzählerin Pippi Langstrumpf werden. Als Erwachsene macht sie Karriere in der Software-­Branche. Und dann: «Mein neues Ziel ist weniger ein Beruf als Berufung. Ich werde Mörderin.» Wieso und wie, das ist Inhalt des Thrillers der Hamburger Autorin Marina Heib. Ausgangspunkt für den radikalen Wandel der Erzählerin ist eine grosse Erschütterung. Sie führt zurück in der Geschichte, als die Mauer noch stand.

«Das, was ich glaubte zu sein, aber nie gewesen war, ­verging. Ich stürzte in ein Vakuum. Und die Transforma­tion begann.» Sie wird zur Wölfin, zum Tier. «Werde ich mich noch einmal häuten können? Den Wolfspelz abstreifen wie eine Schlange ihre alte Haut? Kann und will ich wieder ein «Menschenschafopferlamm» werden?»

Marina Heib erzählt konsequent aus der Perspektive der Täterin. Sie ist eine Rache-­figur und arbeitet gnadenlos eine tödliche Liste ab. Sie kennt kein Erbarmen mit ihren Opfern, die einst Täter waren. Das geht unter die Haut in einer intensiv-dichten Story, die kaum auf Action macht, sondern vor allem auf das ­Reflektieren der Protagonistin vertraut.

Eine mörderische letzte Tat
Es ist, so viel sei verraten, eine schreckliche Familiengeschich­te zum Thema «Missbrauch». Der Buchtitel verweist auf ein unterirdisches Verlies, in dem sich Grauenhaftes abspielte. Als die Protagonistin am Ende des Buches eine mörderische letzte Tat ausführt, findet die Geschichte zu einer weiteren verblüffenden Wendung. Das Bisherige erscheint unverhofft in einem noch grausameren, neuen Licht.

Buch
Marina Heib
«Drei Meter unter Null»
249 Seiten
(Heyne 2017).