Nein, er ist kein Traummann, der Protagonist des Buches «Vergiss Venedig» des Basler Autors Marcus P. Nester. André ist ein Antiheld – hager und schlaksig. Ein bleicher Journalist mit hängenden Schultern und Plattfüssen, der mit 38 zum zweiten Mal Vater wird. Und dieser Typ trifft auf dem Flug ans Filmfestival von Venedig auf eine schöne Brünette – eine namhafte Schauspielerin, die der ausgewiesene Filmjournalist indes erst nicht erkennt, weil sie eine Sonnenbrille trägt. Doch bei ihrem Anblick geschieht Wundersames. «Da ist das unheimlich drängende Verlangen, dieses Begehren, das dir mit 16 den Atem raubt …», erkennt der 38-Jährige und ahnt nicht, dass er bald den Verstand verlieren wird.

Der 1947 geborene Marcus P. Nester beschreibt in ausschweifenden Männerfantasien die Leiden und Freuden des leicht angejahrten André, der sich bald – oh Freude – im Schoss dieser Filmdiva wiederfinden wird. Nester, der früher Redaktor für den Filmeinkauf  beim Schweizer Fernsehen war und an Drehbüchern für Krimiserien mitschrieb, greift tief in die Geschichtenkiste. Sein Protagonist erscheint als Verschnitt von allem Möglichen, was sich je auf der Leinwand getummelt hat. Und selbst grosse Dichter kommen ins Spiel. «Welch Glück, geliebt zu werden. Und lieben, Götter, welch ein Glück», entsinnt sich der Protagonist Goethes, bevor seine Sinne schwinden im Liebestaumel der wiedergewonnenen Männlichkeit. Bis zu seinem wahrhaft üblen, aber euphorischen Untergang. Ein Männer-Buch für jene, die in späten Jahren all das nachholen möchten, was ihnen in der Jugend entgangen ist.


[Buch]
Marcus P. Nester
«Vergiss Venedig»
250 Seiten
(Die Lunte im
Margarete Beck
Verlag 2012).
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