«Marasa» Wenn Worte fehlen …
«Marasa» im Zürcher Theater Neumarkt präsentiert eine eigenwillige Romeo-und-Julia-Geschichte zwischen Zirkus und Schauspiel.
Inhalt
Kulturtipp 24/2011
Claudine Gaibrois
Der König braucht einen Thronfolger, er hat aber noch keinen. Die Bauersfrau ist schon wieder schwanger, Geld, um ein siebtes hungriges Maul zu stopfen, ist keines da. Ein junger Mann und eine junge Frau verlieben sich unsterblich ineinander, aber der grosse Standesunterschied steht dem Glück im Weg.
Der Abend verspricht ernst
zu werden. Doch immer wieder durchbrechen ganz unerwartete Momente die harte Realität. Das Paar, das kein Paar sein dürfte, tanzt zu...
Der König braucht einen Thronfolger, er hat aber noch keinen. Die Bauersfrau ist schon wieder schwanger, Geld, um ein siebtes hungriges Maul zu stopfen, ist keines da. Ein junger Mann und eine junge Frau verlieben sich unsterblich ineinander, aber der grosse Standesunterschied steht dem Glück im Weg.
Der Abend verspricht ernst
zu werden. Doch immer wieder durchbrechen ganz unerwartete Momente die harte Realität. Das Paar, das kein Paar sein dürfte, tanzt zu sanfter Musik; ein Erzähler berichtet von seiner ersten unglücklichen Liebe zur Filmfigur «Sissi»; Artisten jonglieren mit Bällen und lassen Hula-Hoop-Reifen um die Hüften kreisen; das Ensemble erzählt rappend den Fortgang der Ereignisse.
Liebe im Jahr 2011
«Wir erzählen die archaische Geschichte von ‹Romeo und Julia› und fragen uns gleichzeitig, was Liebe im Jahr 2011 bedeutet», beschreibt Regisseur Michael Finger das eher konventionelle Thema von «Marasa». Umso unkonventioneller und vor allem bunt ist dafür die Umsetzung. Gesprochen wird wenig, bewegt viel. Das Gemeinschaftsprojekt des «Cirque de Loin» und des Neumarkttheaters setzt stark auf körperliche Ausdrucksformen aus dem zeitgenössischen Zirkus.
«Im klassischen Zirkus steht die Körpertechnik im Zentrum, ein Salto ist dort eine sportliche Leistung», erklärt Regisseur und Zirkusleiter Finger. Im zeitgenössischen Zirkus hingegen stehe die Technik im Dienst der Geschichte. «In Momenten der Sprachlosigkeit kommt der Körper zum Einsatz», erklärt die ausgebildete Akrobatin Anna von Grüningen, welche die Bauerntochter spielt. «Er dient als Verlängerung von Emotionen oder Stimmungen.»
Naturalistische Elemente fehlen in «Marasa» dafür gänzlich: Nicht nur trägt etwa die Bäuerin keinen Rock, sie wird auch von einem Mann gespielt. Der Regisseur, der immer wieder als Erzähler auftritt, ist stets gleich angezogen – egal, ob er von seiner Liebe zu «Sissi» oder der Liebesgeschichte von Bauerntochter und Königssohn erzählt. Besonders auch: Die Akrobatinnen und Akrobaten sprechen ebenso wie die Schauspielerinnen und Schauspieler, und zwar, wie ihnen der Schnabel in echt gewachsen ist: Auf Berndeutsch, Englisch oder Französisch. Die Schauspielerinnen und Schauspieler wiederum turnen und wirbeln viel mehr herum, als sie es in einer «normalen» Bühnenaufführung tun.
Reizvolle Mischung
Auch von Grüningens Bühnenpartner, Neumarkt-Ensemble-Schauspieler Jakob Leo Stark, findet die Mischung von Akrobatik und Schauspiel reizvoll – das Ineinandergreifen ebenso wie das absichtliche Kontrastieren. «Es ist wie immer im Theater: Die Unterschiedlichkeit macht eine Aufführung interessant.» Und abwechslungsreich sei «Marasa» auf jeden Fall, fügt Stark schmunzelnd hinzu.