Was ist sie nun, Solistin, Pädagogin oder Kammermusikerin? Gehört sie zum Latvian Trio oder zum Duo Artena?
Arta Arnicane giesst erst mal Wasser über die getrockneten Pfefferminzblätter, welche ihre Schwester Andra eben aus der lettischen Heimat mitgebracht hat, lächelt und antwortet ruhig: «Ich bin alles Mögliche, und ich bin voller Energie. Ich versuche, auf mehreren Schienen zu fahren, und schaue, auf welcher es am besten geht.»
Auf ihrer Habenseite sind Studienabschlüsse in Lettland, Schottland und in der Schweiz, Wettbewerbsgewinne und Auftritte in der Zürcher Tonhalle. Und doch gilt es für Arnicane weiterhin, die Karriere als Pianistin zu festigen, genügend Konzertverpflichtungen zu erhalten, um davon leben zu können. Dafür braucht es Geduld – und Glück. «Das Glück kommt nur auf dich zu, wenn du ein paar Schritte zu ihm hin machst. Ich habe alles selbst durch meine Arbeit erreicht, das sind keine Geschenke, die ich zurückgeben muss.»
Obwohl bereits an 16 Klavierwettkämpfen ausgezeichnet, obwohl «schon» 30 Jahre alt, geht Arnicane weiterhin an Wettbewerbe, diese Talentschauen, wo Karrieren in Schwung kommen.
Nervös ist sie längst nicht mehr – im Gegenteil: «Ich bin dann auf Erholungsreise, muss ja bloss Klavier spielen. Für meine Konzerte hingegen muss ich Programme schreiben, Werbung machen, den Saal organisieren, immer hoffen, dass genügend Leute kommen – das ist eine Riesenarbeit!»
Traum: Solistenkarriere
Arnicane nimmt es auf sich; ihr Traum von der Solistenkarriere soll in Erfüllung gehen. Da sie sich zunehmend mit der Kammermusik beschäftigt, kommt allerdings zusehends der Wunsch auf, in diesem Bereich zu reüssieren. «Es ist erfrischend, mit meinen Kammermusikpartnerinnen zu arbeiten. Ich übe mit ihnen viel leidenschaftlicher als alleine.» Auch, weil sie nach langer Suche endlich die idealen Musikerinnen gefunden hat. «Viele spielen nicht mit genügend Leidenschaft, sie geben dem Publikum nicht das, was sie ihm geben sollten.» Was das ist, lässt sich schwer ausdrücken: «Ihre Seele, die Energie? Das kann man nicht messen. Es ist schwer, darüber zu sprechen, es klingt so esoterisch. Aber ich bin überzeugt, dass man Menschen mit Musik heilen kann.» Musikerinnen, die ähnlich fühlen, sind ihre Duo-Partnerin Verena Maria Fitz, eine Geigerin, sowie die Lettinnen Jana Ozolina und Gunta Abele, mit denen sie das Latvian Piano Trio bildet.
Die Heimatliebe
Arta Arnicanes Heimatliebe zeigt sich nicht nur in diesem Trio und im Pfefferminztee. Der Abschied von Lettland fiel ihr schwer. «Ich wollte dort bleiben, wohnen, leben, heiraten … Aber ich sah, dass mein Spiel stagnierte.» Sie musste raus aus der Enge, um neue Impulse zu erhalten, und meldete sich für ein Bundesstipendium in der Schweiz an. Dank einem Kontakt durch ihre Schwester Andra, die bereits in Zürich war, kam Arnicane in die Klasse des berühmten Pädagogen Homero Francesch in Zürich. Und in dieser Stadt ist sie nach Abschluss des Studiums geblieben. «Ich bin glücklich in der Schweiz, auch wenn Lettland meine geliebte Heimat bleibt. Ich hoffe, dass ich Lettland irgendwann etwas zurückgeben kann.»
Auftrittswünsche
Es liegt nicht an ihr, dass dies im Moment unmöglich ist. «Wenn ich doch schon in der Zürcher Tonhalle aufgetreten bin, dann sollte ich in Lettland auch spielen können, nicht?», fragt sie rhetorisch. «Schade, hat Lettland noch nicht verstanden, wie viel man von Künstlern profitieren kann. Dort meinen viele, Künstler nehmen dem Staat bloss Geld weg, in Wahrheit ist es umgekehrt.»
Zwar ist Arnicane der Schweiz dankbar, findet es aber eigenartig, dass der Staat viel Geld für die Ausbildung der Studenten bezahlt, diesen Musikern aber kaum ermöglicht, Konzerte zu geben. Vielleicht hätten die meisten Veranstalter einfach zu viel Geld – genug jedenfalls, um eine Martha Argerich statt eine Arnicane zu engagieren.
Auch wenn die meisten Schweizer Arta Arnicane noch nicht im Konzertsaal gehört haben, gesehen haben sie schon viele: Die Lettin mimt in einem Werbefilm der Zürcher Kantonalbank eine Pianistin. Wer die Künstlerin live erleben will, wird in Aarau bald Gelegenheit dazu kriegen.
CD
Arta Arnicane
Ravel, Rachmaninow,
Beethoven, Chopin
Siehe: www.artaarnicane.com
Konzerte
So, 7.4.,17.00
Golatti-Keller Aarau
Im Duo von Certo mit Florian Rohn, Cello
Debussy, Brahms, Beethoven
Do, 18.7., 19.00
Sommerabendkonzerte Aarau Golatti-Keller Aarau
Kammermusikabend mit dem Latvian Piano Trio