«Schreiben ist wie Würstl essen. Du solltest niemals mehr abbeissen, als du kauen kannst.» Solche Bonmots lässt Lukas Maisel im filmischen Porträt für den Bachmann-Wettbewerb fallen, während er am Imbissstand in Krems an der Donau genüsslich die österreichische Hotdog-Variante «Kafka» verzehrt. «In diesen Porträts hört man von den Autoren ja immer sehr viel Gescheites. Ich wollte etwas Ironie reinbringen», sagt er im Gespräch per Videotelefon. «Aber der Satz trifft schon zu: Man kann sich leicht verschlucken, wenn man sich zu viel für einen Roman vornimmt.»
«Abenteuer lebe ich durch die Fantasie aus»
Zu viel Perfektionismus kann hinderlich sein, hat er beim Schreiben seines Debüts festgestellt. An seinem «Buch der geträumten Inseln» (Rowohlt 2020) hat er aber nicht wie befürchtet 20 Jahre, sondern «bloss» 4 Jahre gearbeitet. Entstanden ist ein fantasievoller Abenteuerroman rund um einen Wissenschafter, der zu einer Expedition in den Dschungel von Papua-Neuguinea aufbricht.
Die Idee zu dieser Geschichte geisterte Lukas Maisel schon lange im Kopf herum. Inspirieren lassen hat er sich auf seinen Reisen durch Indonesien, wo er verschiedene Inseln erkundet, die Atmosphäre aufgesogen und Bräuche kennengelernt hat. «Als Abenteurer würde ich mich selbst aber nicht bezeichnen», meint er bescheiden. «Ich würde nie einfach in den Urwald losziehen wie meine Hauptfigur, ich war immer auf geführten Touren unterwegs.» Abenteuer lebe er durch die Fantasie aus, sagt der Autor, der im Gespräch mit Bedacht spricht und zurückhaltend bleibt. So verbringt er denn auch viel Zeit in seiner Schreibstube – zurzeit als Stipendiat in Krems, wo er in einem kleinen Atelier mit Blick auf Donau und Weinberge arbeitet.
Dass der diesjährige Bachmann-Wettbewerb coronabedingt nicht vor Ort stattfindet, findet Lukas Maisel zwar scha-de – «so fehlt der Geist von Klagenfurt». Aber er sei auch froh, dass die Autorinnen und Autoren ihre Lesung schon im Vorfeld aufzeichnen konnten und lediglich bei der Diskussion der Jury live zugeschaltet werden. Die Performance hat der Schriftsteller, der von Literaturkritiker Philipp Tingler eingeladen wurde, somit schon hinter sich und kann dem Wettbewerb gelassener entgegenblicken. «Und im Literaturinstitut in Biel wurde ich ja schon abgehärtet, was Kritik anbelangt.»
Bald zieht es den schreibenden Nomaden weiter: Auf Krems folgt ein Atelieraufenthalt in Berlin. Danach wäre ein Kibbuz-Aufenthalt in der Wüste Israels geplant. Aufgrund der politischen Lage ist nun alles offen. Reizen würden ihn auch Iran oder Pakistan. Neue Inspiration für seine Bücher findet er überall.
45. Tage der deutschsprachigen Literatur
Do, 17.6.–So, 20.6.
Alle Lesungen und Diskussionen auf 3sat
Berichte auf Kulturradio Ö 1
Livestreams: https://bachmannpreis.orf.at
Lukas Maisels Kulturtipps
Musik
Floating Points/Pharoah
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Sachbuch
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Leonora – Mit 15 zum IS
«Eine Bäckerstochter in der sächsischen Provinz verschwindet eines Tages. Das Nächste, was ihr Vater von ihr hört: Sie ist in Syrien und Drittfrau eines IS-Geheimdienstlers.»