Sein Tod sorgte weltweit für Schlagzeilen: Am 2. November 2004 wurde der damals 47-jährige Theo van Gogh auf offener Strasse umgebracht – vom islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri. Der Urenkel des Bruders von Vincent van Gogh galt als Enfant terrible Hollands. Denn der Regisseur sorgte mit provokativer, zynischer Kritik an der politischen Korrektheit immer wieder für Aufsehen in den Medien.
Wunsch nach Rache
So warf er etwa dem Schriftsteller Leon de Winter öffentlich die «Vermarktung seines Judentums» vor. Zudem provozierte er den Autor und seine Ehefrau Jessica Durlacher in diesem Zusammenhang mit sexuellen Anzüglichkeiten.
Da erstaunt es nicht, dass der Schriftsteller Leon de Winter selbst nach dem Tod seines Widersachers nach Rache sann. Zum zehnten Todestag des Ermordeten wollte der 59-jährige Autor einen Roman über denjenigen Mann schreiben, der ihn und seine Frau vor Jahren diffamiert hatte. Eine Abrechnung sollte es werden, in Form eines Thrillers. «… aber Theo machte mir einen Strich durch die Rechnung. Er dirigierte mich zu dem Roman, der schliesslich das Licht der Welt erblickte», schreibt de Winter im Nachwort seines neuen Romans.
Er bringt sich selbst als Protagonisten ins Spiel. So erzählt er als Leon de Winter inmitten einer rasanten Geschichte davon, wie er dem toten van Gogh begegnet. Letzterer tritt als Engel in Erscheinung, während de Winter als Rächer auf den Plan tritt, der von seinem Erzfeind, dem Engel van Gogh, geläutert wird.
Die Geschichte pendelt zwischen Realität und Fiktion, zwischen rasanter Handlung und pikanter Liebeswirren. Da lebt ein jüdischer Geschäftsmann und Drogendealer mit dem Spenderherz eines Franziskanerpriesters. Dieser war einst der Geliebte seiner Ex-Frau. Und diese wiederum wird Leon de Winter über den Verlust seiner Ehefrau hinwegtrösten.
Im Ausnahmezustand
Nur ist da noch eine Gruppe marokkanischer Extremisten, die Amsterdam in den Ausnahmezustand versetzt. Es gibt Anschläge und politische Wirrnisse. Und in all dem Chaos wird Engel van Gogh in Erscheinung treten und für Ordnung sorgen.
Der Roman ist aufschlussreich, humorig, liebevoll und ziemlich böse. Wobei die Attentatserie doch etwas gar arg konstruiert erscheint. Und wer hier mit wem genau abrechnet, wissen zum Schluss nur die Götter. «Ein gutes Herz» fügt sich als typisches Buch in das literarische Œuvre von Leon de Winter: Wie in seinen früheren Romanen schöpft der Autor seine fiktiven Stoffe aus der Realität und verknüpft sie mit der jüdischen Lebenswelt.
Leon de Winter
«Ein gutes Herz»
505 Seiten
(Diogenes 2013).
Lesungen
Mo, 25.11., 20.00 Kaufleuten Zürich
Di, 26.11., 19.00 Literaturhaus Basel