«LES NEIGES DU KILIMANDJARO» Menschenfreundlichkeit ist möglich
Robert Guédiguians neuer Film aus der Arbeitswelt in Marseille ist ein märchenhaftes Plädoyer für Mitmenschlichkeit trotz alledem.
Inhalt
Kulturtipp 26/2011
Letzte Aktualisierung:
05.03.2013
Urs Hangartner
Am Hafen von Marseille werden jene Arbeiter ausgelost, die ihren Job verlieren sollen. Der langjährige Gewerkschafter Michel (Jean-Pierre Darroussin) hat aus gewissenhafter Solidarität einen Zettel mit seinem Namen mit in die Los-Schachtel befördert und wird selber «ein arbeitsloser Frührentner». Privat wäre alles bestens. Michel lebt glücklich mit seiner Gattin Marie-Claire (Ariane Ascaride), die bei der örtlichen Spitex arbeitet. Sie haben Kind...
Am Hafen von Marseille werden jene Arbeiter ausgelost, die ihren Job verlieren sollen. Der langjährige Gewerkschafter Michel (Jean-Pierre Darroussin) hat aus gewissenhafter Solidarität einen Zettel mit seinem Namen mit in die Los-Schachtel befördert und wird selber «ein arbeitsloser Frührentner». Privat wäre alles bestens. Michel lebt glücklich mit seiner Gattin Marie-Claire (Ariane Ascaride), die bei der örtlichen Spitex arbeitet. Sie haben Kinder und Enkelkinder.
Bis eines Abends Dramatisches passiert: Beim Nachtessen werden sie überfallen und beraubt. Kreditkarten und Geld sind weg, auch jenes aus der Schachtel, das sie zusammen mit einem Reisegutschein (Destination: Afrika) zum Hochzeitstag geschenkt bekamen. Freunde und Arbeitskollegen hatten gesammelt und es feierlich übergeben, die Kinder gaben ein Ständchen mit Pascal Danels Welthit «Les neiges du Kilimandjaro» von 1966.
Engagiert
Wie sich herausstellt, ist einer der Räuber ein entlassener Arbeitskollege. Er wird verhaftet, seine zwei kleinen Brüder daheim bleiben fortan auf sich allein gestellt. Marie-Claire kümmert sich liebevoll um die beiden, und Michel will sie gar in seine Obhut nehmen …
Auch mit «Les neiges du Kilimandjaro» reiht sich Guédiguian wieder ein in die Tradition des engagierten europäischen Kinos. Er sei, so erklärte er schmunzelnd, Mitglied der 5. Internationale des Kinos, zusammen mit den belgischen Brüdern Dardenne (ihr mit einem europäischen Filmpreis ausgezeichneter «Le gamin au vélo» kommt am 12. Januar in unsere Kinos), mit Aki Kaurismäki («Le Havre»), für Guédiguian «wie mein finnischer Cousin», und dem seelenverwandten Italiener Nanni Moretti.
«Es ist wie ein Märchen», sagt Guédiguian zu seinem neusten Film, «aber eines, das möglich ist. Wie ein Wachtraum.» Ein Film, geschrieben übrigens nach Victor Hugos Gedicht «Les pauvres gens».