Stadtstaat Singapur, 1997. Die Asienkrise ist ausgebrochen; wirtschaftlich ist die Lage prekär. Das Ehepaar Hwee Leng und Teck hat zwar noch Arbeit. Sie arbeitet in einem Transportunternehmen und tippt Entlassungsschreiben. Er ist im mittleren Kader beschäftigt, wird seinen Job aber verlieren, was er daheim lange Zeit verschweigt. Und da ist der Sohn, ein kratzbürstiger 10-Jähriger namens Jiale (Koh Jia Ler); er ist nach dem Tod des Grossvaters noch starrsinniger und scheinbar unbezähmbar geworden. Jiale macht in der Schule und zu Hause Schwierigkeiten.
Kein Trost im Glauben
Hwee Leng ist schwanger (Darstellerin Yeo Yann Yann war zu Beginn der Dreharbeiten tatsächlich im fünften Monat). Zur Entlastung suchen sie eine Haushälterin und finden Teresa (Angeli Bayani) aus den Philippinen. Sie schläft im Zimmer von Jiale, was diesem gar nicht passt. Der Schnösel begegnet Teresa – oder Terry, wie sie genannt wird – mit wenig Respekt, und auch Mutter Hwee Leng schaut auf ihre Bedienstete herab.
Die wirtschaftliche Krise in Singapur spitzt sich zu, die Kündigungen in Hwee Lengs Betrieb werden mehr. Wie nebenbei stürzt sich ein verzweifelter Nachbar vom Dach des Wohnhauses. Hwee Leng sucht Halt bei einem Motivationstrainer-Scharlatan, der bald verhaftet wird. «Man muss echt bescheuert sein, um auf so etwas reinzufallen», kommentiert der nichtsahnende Gatte Teck vor dem Fernseher, wo der Fall in den Nachrichten kommt. Dagegen ist er seinerseits der unbekannte «Trottel, der immer im Hausgang draussen raucht» (Hwee Leng) und die Zigarettenstummel vor der Tür liegen lässt.
Terry erduldet ihr Schicksal still. Sie muss hart arbeiten, um ihre Familie auf den Philippinen zu unterstützen. Das Geld reicht nicht, sodass sie im Einkaufszentrum an ihren Freitagen einen Zusatzjob als Coiffeuse annimmt. Trost würde ihr katholischer Glaube spenden. Aber nicht in Singapur; die Haushälterin der Nachbarn macht es ihr auf ernüchternde Art klar: «Hast du deinen Rosenkranz dabei? Den kannst du im Schrank deponieren. Hier ist kein Platz für Gott.»
Die Annäherung
Langsam taut Jiale auf, er und Terry nähern sich an, es kommt zu einem herzlichen Verhältnis. Und als Terry entlassen werden soll, da der Familie das Geld fehlt, will Jiale einen Plan umsetzen: Der intelligente Junge hat ein «sicheres» Gewinnsystem im Lotto ausgetüftelt. Aber die richtigen Zahlen kommen trotzdem nicht, mit denen der Kleine die Finanzen der Familie und damit die Weiterbeschäftigung von Terry sichern könnte. Es kommt zum Abschied. Terrys Schicksal bleibt unbekannt.
Der Film «Ilo Ilo» erzählt Realistisches aus einer kurz zurückliegenden Krisenzeit. Er tut es mit dem gebotenen Ernst, findet aber immer wieder zu kleinen heiteren, humorvollen Szenen. In Cannes erhielt «Ilo, Ilo» des 1984 geborenen Anthony Chen die Caméra d’or für den besten Erstlingsfilm.
Ilo Ilo
Regie: Anthony Chen
Ab Do, 5.6., im Kino