Das einst gelobte Land Abchasien ist heute eine junge Republik mit bewegter Geschichte. Zwischen Russland und Georgien am Schwarzen Meer gelegen, herrscht subtropisches Klima – eigentlich ein Paradies. Früher galten die abchasischen Strände als bevorzugte Feriendestination für die Bevölkerung der Sowjetunion. Die glorreichen Zeiten sind vorbei. Ab 1992 kämpfte das Land, bisher zu Georgien gehörig, in einem blutigen Krieg um seine Unabhängigkeit. Deutliche Spuren davon sind nach mehr als 20 Jahren sichtbar und spürbar. Anerkannt ist der Vielvölkerstaat heute nur von Russland.
Das polnisch-deutsche Regiegespann Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski machte sich für seinen Film auf in dieses Land des ökonomischen Zerfalls. Am Strand liegt etwa ein abgewrackter Transportkahn schief im seichten Wasser. Am Promenaden-Pier nagt der Rost. Die Fassaden der einst blühenden Hotels haben ihren Glanz verloren.
Grosse Intimität
In diesem heruntergekommenen Land leben Rafael und Natascha. Er ist Sportminister ohne grosses Einkommen. Natascha ist der Liebe wegen zu ihm von Russland nach Abchasien gezogen, wo die Opernsängerin kein Auskommen findet. Stattdessen coacht sie Jugendliche, die mit ihren Stimmen kaum Chancen beim Gesangswettbewerb haben dürften. Fast symbolhaft stoppt mitten in einem Gesangsvortrag die Musikanlage – Stromausfall. Betrüblich die Bilder von der Aufnahmeprüfung für die Sportakademie: Bei den Aspiranten handelt es sich allesamt um hoffnungslose Fälle.
Die beiden Protagonisten dieser Dokumentationen lassen eine erstaunliche Intimität zu. Die Filmer kommen dem Paar Rafael und Natascha ganz nah. Man sieht und hört, wie sie ihre Konflikte austragen – als wäre es ein Spielfilm. Natascha fühlt sich zusehends fremd im Land, das Rafael auf die internationale Landkarte bringen will. Seine Idee: das Ausrichten der Domino-Weltmeisterschaft. Es klappt, Delegationen aus aller Welt erscheinen. Bei der Eröffnungszeremonie steht die aufspielende Militärkapelle prompt im Regen. Mitten im Turnier fällt der Strom aus und die internationale Gemeinschaft sitzt im Finstern.
Natascha hat es nicht leicht, selbst die abchasische Verwandtschaft ist ihr gegenüber abweisend bis feindlich gesinnt. Sie findet deutliche Worte: «Ihr seid ein Volk von Idioten!» Sie sei es leid, ein Mensch zweiter Klasse zu sein – «Ich bin hier kein Mensch, sondern ein Fussabtreter. Und mein eigener Mann beschützt mich nicht.»
Optimismus zum Ende
Die Schlussbilder dieser einzigartigen Doku-Komödie sind optimistisch gestimmt. Natascha entscheidet sich zwar für eine Rückkehr nach Russland, wo sie ihr Kind zur Welt bringt. Doch sie kommt zurück. Rafael erwartet seine Frau und das Neugeborene mit Blumen am Bahnhof. Ihr Heim hat er eigenhändig farbenfroh renoviert.
Domino Effect
Regie: Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski
Ab Do, 12.2., im Kino