Laura de Weck, 37, Theaterautorin, Regisseurin und Schauspielerin
Ob Houellebecq, Barnes oder die auf Social Media millionenfach diskutierte Erzählung «Cat Person» von Kristen Roupenian: Die Meinungen gingen im SRF-«Literaturclub» vom Februar weit auseinander. Eine erfrischend andere Perspektive brachte Laura de Weck ein. Roupenians Figuren bezeichnete sie im guten Sinne als «holzschnittartig»: «Auch bei Theatertexten schafft man Figuren, die der Schauspieler erst mit Bewegung und der Zuschauer mit Fantasie füllen muss. Das mag ich.»
«Ich bin keine Germanistin und habe zur Sprache keinen wissenschaftlichen Zugang, aber ich habe handwerkliche Erfahrung mit Texten», sagt die Zürcher Bühnenautorin im Telefongespräch aus Hamburg, wo sie seit 2007 lebt. Ihren ersten «Literaturclub» meisterte sie souverän und wortgewandt. «Zum Glück konnte ich mich an meinen Büchern festhalten», lacht sie. «Dass ich mit Nervosität umgehen kann, habe ich wohl in meiner Schauspiel-Ausbildung gelernt.»
Die Auseinandersetzung mit der Literatur ist ihr aus dem Elternhaus vertraut: Der Vater Publizist, die Mutter Kinderbuch-Illustratorin, die drei Geschwister allesamt leidenschaftliche Leser. «Am Familientisch haben wir oft über Bücher geredet», erinnert sie sich. Aber schon damals sei sie auf das Theater fixiert gewesen: «Ich habe die Sprache entdeckt, weil ich sie auf der Bühne sprechen wollte. Mich hat interessiert, wie Sprache im Raum klingt.» Ihre Schul-Aufsätze hat sie als Dialoge geschrieben. Und diese szenische Form ist bis heute geblieben, auch in ihren Kolumnen. «Einen Roman wird es von mir nie geben.» Unterwegs führt sie immer ein Dialog-Tagebuch mit sich, lauscht den Gesprächen ihrer Mitmenschen: «Jeder meiner Texte enthält einen Funken Wahrheit.»
Ihre Texte sind nah dran am Alltag, handeln oft von der untrennbaren Verflechtung von Politik und Privatleben. So auch ihre musikalische Performance «Direkt Demokratisch Love». «Familienpolitik etwa hat einen grossen Einfluss darauf, wie wir leben und lieben.» Als zweifache Mutter spricht sie aus Erfahrung: «Der grosse Knick kam durch die Geburt meiner Kinder – auch wenn in Deutschland die Gleichberechtigung was Krippen und Elternurlaub anbelangt fortgeschrittener ist als in der Schweiz.» Wenn sie sieht, welche Freiheiten sie als 37-jährige Frau im Vergleich zu ihrer Mutter und Grossmutter hat, ist sie zwar zuversichtlich. Durch die gegenwärtigen konservativen Strömungen befürchtet sie jedoch einen Rückschritt. Und sie erinnert sich an ein Erlebnis in ihren Anfängen als Schauspielerin: «Irgendwann habe ich herausgefunden, dass meine männlichen Kollegen mehr verdienen. Ob ich schlechter verhandelt habe oder ob das durch meine Weiblichkeit bedingt war, darüber kann ich nur spekulieren.» Stoff für ihre Texte hat diese Frage ihr allemal geboten.
Direkt Demokratisch Love
Sa, 2.3., 20.00 Nairs Scuol GR
Literaturclub
Abrufbar unter: www.srf.ch/sendungen/literaturclub
Laura de Wecks Kulturtipps
Theater
Forced Entertainment: Out of Order
«Diese verrückte britische Performance-Crew macht konstant gute Arbeit, und die Kritiken sind fantastisch.»
Fr/Sa, 1.3./2.3., 20.00
Gessnerallee Zürich
Film-Streaming-Portal
Mubi
«Mein Lieblings-Streaming-Dienst als Alternative zu Netflix. Bei Mubi kann man wechselnde Filme ansehen: Festival-Geheimtipps, Meister-Klassiker, preisgekrönte Arthouse-Filme.»
www.mubi.com/de
Musik
Ibeyi: Ash (XL 2017)
«Ihre Platte ‹Ash› kam zwar schon 2017 raus, aber trotzdem höre ich im Moment ständig die französisch-kubanischen Zwillingsschwestern Ibeyi. Der Song ‹I Carried This for Years› ist mein Favorit.»