kulturtipp: Fabian Walter, Sie haben letztes Jahr zusammen mit Sven Eisenhut den Art Salon Zürich ins Leben gerufen. Ist die Messe als Alternative zur riesigen Art Basel gedacht?
Fabian Walter: Die Institution Art Basel kopieren oder gar übertrumpfen zu wollen, daran muss man gar nicht erst denken. Das ist nicht unser Ziel. Uns schwebt eine andere Kunstmesse vor.
Nämlich?
Die Institution Art Basel ist in die Jahre gekommen, sie ist heute gross, schwerfällig und elitär. Früher kamen Besucher aus allen Schichten an die Art Basel – weil sie Freude an Kunst hatten, oder weil sie es sich leisten konnten, eine Sammlung mit einem kleinen Budget aufzubauen. Heute beginnen die Preise an der Art Basel gleich bei 50000 Franken. Seien wir mal realistisch: Kunstwerke in dieser Preisklasse können und wollen sich nur noch die wenigsten leisten.
Wen möchten Sie mit dem Art Salon Zürich ansprechen?
Der Kunstmarkt hat ein Problem: Die klassischen Sammler sind ins Alter gekommen. Daher legen wir den Fokus mit dem Art Salon Zürich auf ein jüngeres, kunstaffines Publikum.
Sie suchen also die Käufer von morgen.
In erster Linie suchen wir ein interessiertes Publikum. Deshalb wollen wir auch keine Grossveranstaltung werden. Wir werden die Messe auf maximal 50 Galerien ausbauen, diese Grösse ist für die Besucher noch greifbar. Als Galerist steht für mich immer auch das Vermitteln im Vordergrund: Diese Messe soll Spass machen und die Besucher dazu verleiten, auch unter dem Jahr mal in eine Museumsausstellung zu gehen oder eine Galerie zu besuchen. Und ja, vielleicht irgendwann auch einmal Kunst zu kaufen.
Der Art Salon findet in der Werkstadt Zürich statt, einem spannenden Quartier, das gerade neu entsteht. Wie wichtig ist Ihnen der Austragungsort?
Wir haben sicher einen solchen Ort gesucht. Aber in Zürich muss man auch noch anders fragen: Wo gibt es überhaupt noch Nischen für Projekte wie das unsere? Eine Kunstmesse ist ein finanziell heikles Unterfangen. In der Werkstadt Zürich konnten wir zu fairen Bedingungen eine Halle mieten. Das ist das grosse Problem in diesem Land: Die Räume für Experimente fehlen zusehends, und damit geht den Städten viel verloren.
Sie und Ihre Frau betreiben seit bald 40 Jahren eine Galerie. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Vor allem nach der Jahrtausendwende kam es zu grossen Veränderungen. Der Kunstmarkt wurde global, der weltweite Umsatz stieg von 22 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 auf 48 Milliarden US-Dollar im Jahr 2007.
Was bedeutete das für die Galerien?
Zuvor konnte sich eine Galerie lange auf eine lokale oder nationale Kunstszene fokussieren; vielleicht weitete man seine Geschäfte mal noch im Sprachraum aus. Nun mussten sich Galeristen neu orientieren. Auf der einen Seite konnte man plötzlich die ganze Welt bespielen. Auf der anderen Seite stand man aber auch im Konkurrenzkampf mit Galerien in Berlin, London oder Tokio, die oftmals einen Standortvorteil genossen.
Eine Primärmarkt-Galerie wie die Ihre hatte in der Kunstwelt stets die Funktion, Künstlerinnen und Künstler zu entdecken und aufzubauen. Ist auch diese Aufgabe schwieriger geworden?
Mit dem Primärmarkt allein, also dem direkten Verkauf von Werken eines Künstlers, lässt sich eine Galerie kaum noch tragen. Heute finanzieren sich viele Galerien, indem sie auch Handel im Sekundärmarkt betreiben.
Früher betreute eine Galerie Künstler meist über lange Zeit. Hat sich auch diese Beziehung verändert?
Früher war die Beziehung zwischen Galerie und Künstler tatsächlich enger und langlebiger. Eine Art Symbiose. Heute arbeitet man ein, zwei, vielleicht mal zehn Jahre zusammen, und wenn es nicht mehr passt, geht man getrennte Wege. Mein Job ist anspruchsvoller geworden. Für kleinere und mittlere Galerien ist es schwierig, mit denen mitzuhalten, die den internationalen Markt bespielen. Kaum habe ich eine gute Künstlerin oder einen guten Künstler mitaufgebaut und verdiene Geld, kommt eine grössere Galerie, und die Künstler sind weg. Es ist ein wenig wie im Fussball: Wenn die grossen Clubs mit dem Checkheft kommen, um die guten Spieler abzuwerben, kann der kleine Verein nicht mehr mithalten. Zum Glück gibt es eine jüngere Generation von Künstlern, die ihren ersten Galerien gegenüber auch nach dem Weiterzug loyal verbunden bleiben.
Ich gebe zu: Auch ich gehe kaum je in Galerien. Ich assoziiere diese Institution zu sehr mit dem überhitzten Kunstmarkt. Haben Galerien ein Imageproblem? Der ganze Kunstmarkt hat ein Imageproblem!
Aber das ist auch nicht verwunderlich. Wenn Sie die ganze Zeit nur über Millionenbeträge an Auktionen oder über Steuerhinterziehung von Sammlern lesen, sagen Sie sich irgendwann: Kunst interessiert mich nicht, ich kann mir das ja eh nicht leisten. Und deshalb nochmals: Der Art Salon Zürich soll Hemmschwellen abbauen. Die Menschen sollen merken, dass man einfach auch Freude an Kunst haben kann.
FabianWalter
Seit 1986 betreibt Fabian Walter zusammen mit seiner Frau Claude die Fabian & Claude Walter Galerie, die zuerst in Basel ansässig war und sich seit 2002 in Zürich befindet. Er ist Präsident des Verbands Schweizer Galerien.
Art Salon Zürich
Nach dem erfolgreichen Start mit gut 6000 Besuchern geht der Art Salon Zürich in die zweite Runde. An der Kunstmesse stellen über 30 Galerien aus dem In- und Ausland moderne und zeitgenössische Kunst seit 1945 aus.
Do, 28.9.–So, 1.10.
Werkstadt Zürich
www.artsalonzurich.com