Was verbindet einen Podcast, der alte Meister neben zeitgenössische Kunst stellt, mit einem Blogartikel, in dem über Frauenfeindlichkeit in der Literaturkritik nachgedacht wird? Beides bedient ein Nischenpublikum, fällt bei Google durchs Raster und wurde bei «The Syllabus» geteilt. Evgeny Morozovs Projekt ist streng genommen kein Newsletter. Und doch funktioniert der 2019 vom weissrussischen Publizisten gegründete Dienst nach ähnlichem Prinzip: Benutzer geben ihre Interessen von Literatur, Musik und Fotografie bis hin zu Geopolitik oder Zukunftsforschung an. Dann setzen sie Regler zwischen akademisch und journalistisch sowie zwischen Text und Multimedia.
Mit diesen Infos beginnt die Maschine zu arbeiten. Ein komplexer Algorithmus filtert aus Abertausenden Blogs und Medien mithilfe von Erwähnungen in Foren oder Hinweisen in Kommentarspalten die besten Inhalte raus. Morozov und sein Team wählen daraus von Hand das Allerbeste aus. Den Begriff «Artisanal Automation» («handwerkliche Automatisierung») hat der 36-Jährige dieser symbiotischen Arbeit von Algorithmen und Maschinen verpasst, bei der die letzte Entscheidung immer beim Menschen liegt.
Die beste Auswahl aus Nischen-Publikationen
Fürs akademisch geprägte Team steht fest: Packende Artikel, Videos, Podcasts, Studien und Bücher existieren bereits. Nur werden uns diese von den Tech-Riesen vorenthalten, da deren Suchalgorithmen auf finanziellen Gewinn aus sind.
Geschichten aus der FAZ oder der «Süddeutschen Zeitung» werde sein Team kaum teilen, sagt Morozov: «Wir gehen davon aus, dass diese von intelligenten Leuten, die uns lesen, auch so gefunden werden. Darum suchen wir vielmehr bei Nischen-Publikationen und akademischen Plattformen».
Seit Ende 2020 kostet «The Syllabus» zwölf Euro monatlich. Dafür erhalten Abonnenten jede Woche einen personalisierten Newsletter und können im Archiv sowie im ständig wachsenden kuratierten Angebot stöbern. «Statt nur Links auszuwählen, versuchen wir immer öfter, diese auch zu analysieren», sagt Morozov. Seit 2019 empfehlen zudem «Cyberflaneure» wie Musikerin Zola Jesus oder Pianist Igor Levit ihre persönlichen Favoriten.
Zu den mehrheitlich englischen Quellen kommen wöchentlich rund 70 deutschsprachige. Und auch Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und Russisch sind verfügbar. «Syllabus» wächst rasant: Ständig kommen neue Mitarbeiter, Sprachen und Quellen dazu – Lesestoff für alle, die Bildung suchen, statt nur unterhalten zu werden.
www.the-syllabus.com
DLF Kultur: Weekender
www.deutschlandfunkkultur.de
Wie beurteilt ein russischer Musikjournalist die Proteste im eigenen Land? Und wo kann das verpasste Bach-Konzert nachgehört werden? Das Team von «Deutschlandfunk Kultur» gibt Antworten und liefert im digitalen Raum lohnenswerte Inhalte zu Kulturdebatten und -trends. Damit diese nicht vergessen gehen, wird freitags im «Weekender»-Newsletter das Wichtigste zusammengetragen.
Zeit – Was wir lesen
verlag.zeit.de/freunde/was-wir-lesen
Live-Kultur findet zurzeit kaum statt, gute Literatur gibt es dennoch. Der Newsletter «Was wir lesen» von «Die Zeit» stellt diese ins Zentrum: Jede Woche erzählen Schauspieler, Politiker oder Journalisten von ihren literarischen Entdeckungen. So schwärmt etwa Redaktorin Katharina Meyer zu Eppendorf von Leïla Slimanis Roman «All das zu verlieren».
SRF-Kultur-Newsletter
www.srf.ch/kultur
Autorin Michelle Steinbeck empfiehlt die österreichische Marathon-Lesung von Camus’ «Die Pest». Und Spassvogel Gabriel Vetter preist ein Album der US-Band «Future Islands» an. Wechselnde Kulturschaffende geben im SRF-Kultur-Newsletter, der jeweils am letzten Sonntag im Monat erscheint, ihre persönlichen Tipps. Daneben lassen sich bei SRF sieben weitere Newsletter zu Themen wie Literatur oder Hörspiel abonnieren.
Pro-Helvetia-Newsletter
www.prohelvetia.ch
Auch wenn sie momentan brachliegt, bietet die Schweiz eine unglaublich vielseitige Kulturlandschaft. Das liegt unter anderem an der Stiftung «Pro Helvetia», die als Förderinstitution des Bundes von zeitgenössischer Kunst über Literatur bis zu Musik Tausende Projekte fördert. Oft auch im Austausch mit der ganzen Welt. Im monatlich erscheinenden Newsletter werden Projekte vorgestellt, und es wird auf Veranstaltungen hingewiesen – von Santiago bis Basel, von Buchpreisen bis Kinderkunst.
Ron Orp
www.ronorp.net
Das Lokalradio GDS.FM veranstaltet ein Terrassenkonzert, eine Kunstgalerie lädt zur Vernissage, oder Indielabels verlosen Platten: Bei Ron Orp erfährt man davon. Neben Kulturhinweisen lassen sich hier auch personalisierte Abos für Wohnungssuche und städtisches Zusammenleben anlegen und im Newsletter wochentags zusenden. Die Plattform ist in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Winterthur, Zug und Zürich verfügbar.
piqd – handverlesenswert
www.piqd.de
Wie «The Syllabus» dehnt auch «piqd» die Newsletterform aus.
Beim selbsterklärten «persönlichen Magazin für guten Journalismus» stellt ein Team von Kuratoren sogenannte «piqs» zusammen. Diese spannenden Texte und Webinhalte werden in abonnierbaren Kanälen von Kultur über Reportagen bis zu Politik und Meinung sortiert. Wahlweise erhalten
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