Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Wer auf der Suche nach einem originellen Kulturgeschenk ist oder sich selbst und dem Freundeskreis eine Freude machen will, wird auf der Website von Salz und Kunst fündig. Bisher haben hier über 70 Kunstschaffende eines oder mehrere Corona-konforme Angebote für kleine und grosse Budgets aufgeschaltet – und es zeigt sich, dass die Pandemie durchaus die Kreativität befeuern kann.
Besinnliche bis zauberhafte Momente
Zuweilen entstehen ganz neue, genresprengende Kulturformate. Eine «Verschmelzung von Sport, Dynamik und Live-Musik» bietet die Tonhalle-Musikerin Irina Pak: Vor Ort spielt sie ein Violinkonzert – während Chris Böhm sie mit einer akrobatischen BMX-Performance be-gleitet. Ungewöhnlich auch das Live-Film-Hörspiel zum Prosecco-Apéro: Das Duo Mesh performt Filmklassiker wie «Dirty Dancing» oder «Nosferatu» in einer witzigen, persönlich abgestimmten Fassung. Wer es klassischer mag, kann Musiker Adrian Müller für ein besinnliches Konzert mit Bachs Cellosuiten in die Stube einladen, sich von einer mobilen Vorleserin einen Roman vorlesen lassen oder eine Malerin zum Live-Painting in den Garten bestellen. Zauberhafte Stimmung versprechen Feuer-, Zirkus- oder Lichtshows im Hinterhof, bei denen bestimmt auch die Nachbarn aus den Fenstern schauen.
Garantiert sind «intime und persönliche Kunsterlebnisse», wie Autorin Katharina Lanfranconi sagt. Sie bietet über «Salz und Kunst» eine Lyriklesung vor Ort an, aber auch ein Gedicht, inklusive grafischer Gestaltung, auf Bestellung. Denn nebst Live- und Digital-Kultur lässt sich auch Gegenständliches buchen – vom textilen Porträt bis zur individuellen Mininovela, deren Fortsetzung man per Post, Mail oder Whatsapp erhält.
Wechselspiel zwischen Künstlern und Publikum
«In den letzten zehn Wochen hatten wir über 170 Buchungen», freut sich Corinna Virchow. Sie hat «Salz und Kunst» im Dezember 2020 mit ihrem Partner Mario Kaiser in Basel gegründet, um die existenziell betroffenen Kunstschaffenden zu unterstützen und den Menschen in kulturarmen Zeiten dennoch ein Erlebnis zu bieten. «Kunst reisst uns aus unserem Alltag heraus, sie lässt uns unser tägliches Tun aus anderen Blickwinkeln betrachten, und sie ist Arznei für die Seele, ein Stoff, der unsere Gesellschaft zusammenhält.» Virchow ist überzeugt, dass sich auch das Kunstverständnis an sich und die Beziehung zum Publikum verändern werden. «Wenn Künstler Gärten, Hinterhöfe oder Treppenhäuser bespielen – mit unerwarteter Akustik, wechselnden Licht- und Wetterverhältnissen und ohne doppelten Boden –, erfordert das ein Umdenken. Und es entsteht ein echtes Wechselspiel zwischen Künstlerinnen und Publikum.»
Grosse Nachfrage rund um den Globus
Musik und Literatur auf Bestellung liefert seit Dezember 2020 auch das Online-Projekt die Kulturschachtel. Über die Website kann man sich für 90 Franken aus bisher rund 20 Zentralschweizer Kunstschaffenden ein Kurzvideo mit einem exklusiv für die Kulturschachtel vorproduzierten Song oder einer Lesung aussuchen. Im Studio werden die Bestellungen von Till Gmür und Christine Weber für die Beschenkten persönlich anmoderiert und auf Vimeo gestellt. Per Post geht eine Ge-schenkkarte mit dem DownloadLink an die Wunschadresse – und erfreut die Empfänger mit einem klingenden Kurzvideo. Nebst Musiker Albin Brun oder der Autorin Martina Clavadetscher ist etwa Frölein da Capo mit dabei. Sie bietet auf der Plattform ein Lied aus dem Programm «Kämmerlimusik» oder einen Geburtstagsblues an. «Auf die Kulturschachtel gab es sehr schöne Rückmeldungen», sagt sie. «In erster Linie geht es wohl nicht ums Geld, sondern um die Wertschätzung und die Solidarität gegenüber den Künstlern und ihrer Arbeit.»
Die kulturellen Seelentröster sind gefragt: «In den ersten zwei Wochen wurden wir überrannt und produzierten rund 200 Kulturgeschenke, die an Freunde und Familie um die ganze Welt geschickt wurden. An die Künstler gingen bis Ende Jahr fast 15 000 Franken», sagt Kulturschachtel-Mitgründerin Christine Weber. Seit Anfang Jahr seien es etwa 20 Kulturgrüsse pro Woche.
«Kultur auf Bestellung» liefern auch andere Projekte. Seit Jahren gibt es den Home-Delivery-Service «Anruf genügt», der für 300 Franken Geschichten zu den Leuten bringt. Zu Themen wie «Zeit und Vergänglichkeit» oder «Liebe, Leidenschaft und feurige Begebenheiten» bieten die «Geschichtenkuriere» eine szenische Lesung für eine kleine Runde – etwa Corona-konform auf der Terrasse.
Besonders aktiv ist die Musikszene – die im 19. Jahrhundert entstandene Salonmusik erlebt einen Aufschwung. Wer das Live-Konzert vermisst, kann etwa das Duo Praxedis engagieren. Die Pianistin Praxedis Geneviève Hung und die Harfenistin Praxedis Hug-Rütti bieten Hauskonzerte und erfüllen Musikwünsche. Das ist mit 800 Franken pro Abend nicht billig, bei einer Runde aus zehn Musikliebhabern wird das private Erlebnis aber nicht teurer als der Konzertbesuch im grossen Saal.
Geburtstagsständchen fürs Grosi
Sämtliche Stile von Indie-Rock bis Soul, von Gospel bis Reggae bietet die Website Sofa-Concerts. Durch die Pandemie seien neue Formate entstanden, sagt Eventmanagerin Caroline Schirmer. Ein Live-Musik-Ständchen fürs Privatkonzert unter dem Balkon lässt sich hier genauso buchen wie ein Online-Musikvideo mit persönlicher Grussbotschaft oder ein musikalischer Überraschungsanruf mit einem Minikonzert per Videocall. Caroline Schirmer erzählt von den berührenden Rückmeldungen, die sie bereits erhalten haben: von Paaren, die auf verschiedenen Kontinenten festsassen und sich eine musikalische Überraschung schicken liessen, oder von einer 80-Jährigen, die sich über den klingenden Geburtstagsgruss freute. Kultur verbindet – und selbst in Pandemiezeiten muss man nicht ganz darauf verzichten.
Kultur auf Bestellung