Frau Braun ist besorgt. Ihr Ehemann wollte am Vorabend im hauseigenen Hallenbad noch ein paar Runden schwimmen. Seither fehlt jede Spur von ihm. Ist Professor Braun etwa freiwillig abgetaucht? Wurde er entführt? Oder ist ihm gar Schlimmeres zugestossen? Und wie hängt das Verschwinden des renommierten Professors mit seiner revolutionären Entdeckung zusammen, die kurz vor dem Durch- bruch steht?
So beginnt nicht etwa die neue «Tatort»-Folge, sondern einer der Fälle von «Krimispass». Die interaktiven Krimi-Trails gibt es in 30 Ortschaften in der ganzen Schweiz. Die Rätsel sind für jedes Alter geeignet und lassen sich allein oder in der Gruppe lösen. Dazu braucht es lediglich ein Smartphone, das QR-Codes scannen kann, und eine Anmeldung auf der Web- site des Anbieters, um sämtliche Trail-Informationen zu erhalten – und schon ist man als Ermittlerin mitten im Geschehen.
Virtuelle Ermittlungen in der Beiz
Nach dem besorgten Anruf von Frau Braun führen die Spuren in den Dorfkern von Stäfa. Nicht nur das Verschwinden des Professors stellt die Detektivin vor Rätsel. Auch die «Krimispass»-Tafeln ausfindig zu machen, ist nicht immer ganz einfach. Doch sind sie gefunden, versteckt sich hinter dem QR-Code jeweils ein weiterer Hinweis. So erzählt etwa der Assistent von Brauns Forschungstätigkeiten, oder der Kellner gibt Auskunft, mit wem sich der Professor in der Beiz getroffen hat. Der Clou bei einzelnen Posten: Man kann im Arbeitszimmer oder in der Gaststube virtuell ermitteln, sofern das Smartphone inklusive Internetbrowser über die 3D-Technologie verfügt.
Faszination Krimi greift immer mehr um sich
Sei es als Roman, TV-Serie, Podcast, Gesellschaftsspiel, Krimidinner oder eben als Rätselrundgang – Verbrechen und Intrigen faszinieren Menschen. Studien zeigen, dass Krimis gegensätzliche Emotionen auslösen: Man ist gespannt und neugierig, was passiert, zugleich verspürt man Angst oder Nervenkitzel. Auch für «Krimispass»-Gründer David Baumgartner macht das Unheimliche, gepaart mit der Neugier, dem Rätsel auf die Spur zu kommen, die Faszination aus. «Immer mehr Menschen begeistern sich dafür, selbst Krimifälle zu lösen», führt Baumgartner im Gespräch aus.
So entsprang auch die Idee des Krimi-Trails an einem Krimiwochenende, an dem Baumgartner mit Bekannten einen Fall nachspielte. Was als sein Hobby begonnen hatte, ist mittlerweile fest im Angebot seiner Tourismusagentur verankert. Vereine oder Gemeindeverantwortliche kaufen bei ihm den «Krimispass » ein. Die Tafeln mit den QR-Codes müssen einmalig in der Ortschaft verteilt und angebracht werden, das Technische erledigt der Krimibegeisterte vom Schreibtisch aus selbst.
Über 50 000 Ermittler pro Jahr
«‹Krimispass› ist für die Ortschaften gutes Marketing», betont Baumgartner. In der Tat erhält man mit dem Krimi-Trail auch eine kleine Führung durch Stäfa: vom Dorfzentrum durch kleine Gassen bis ans Ufer des Zürichsees und wieder zurück, vorbei am Antiquitätenladen und an Cafés. Baumgartner schreibt und produziert alle Krimifälle selbst. Pro Jahr kommt mindestens ein neuer Fall dazu, für den er ungefähr 200 bis 300 Stunden braucht. «Meine Frau ist meine härteste Kritikerin; gibt sie einen Fall frei, dann funktioniert die Geschichte.»
Die Fälle konzipiert Baumgartner so, dass sie für die verschiedenen Destinationen funktionieren. Alle paar Monate bespielt er die QR-Codes mit einem anderen Fall. Im letzten Jahr lösten über 50 000 Menschen mindestens einen Fall von «Krimispass». Für Baumgartner sind unerwartete Wendungen die Essenz eines guten Krimis: «Da denkst du, jetzt bin ich dem Täter auf der Spur, bis es zum überraschenden Ende kommt.»
Auch bei den Ermittlungen zu Professor Brauns Verschwinden scheint der Fall das eine oder andere Mal klar. Doch Gewissheit hat die Detektivin erst nach elf Posten, zwei Stunden rätseln und einem Rundgang durch Stäfa: War es der Butler, der Assistent oder vielleicht doch Frau Braun selbst?
Krimispass
Der Trail ist kostenlos und dauert zwischen 1,5 und 2,5 Stunden
www.krimispass.ch
Mehr Krimivergnügen
Krimi-Trails
Die Krimi-Trails führen durch verschiedene Schweizer Städte. Als Gruppe geht man gemeinsam auf Spurensuche, überprüft die Alibis, Motive und ordnet die Beweismittel den Tatverdächtigen zu. Im Vorfeld erhält man einen Haftbefehl- Code sowie eine Krimi- Akte mit sämtlichen Details per Mail. Der Trail folgt keiner festen Reihenfolge und dauert je nach Fall zwischen 1,5 und 2 Stunden. Ein Rundgang kostet 32 Franken.
www.krimi-trails.ch
Stadt-Krimis
Die Firma «The Same» nennt sich das Krimi-Imperium. Dementsprechend gross ist das Angebot: von Online-Krimis über Kriminalfälle in den Schweizer Städten oder als Dinner im Restau- rant bis hin zum Krimi- Wochenende. Preise und Dauer variieren stark nach Angebot.
www.stadt-krimi.ch
Crime & Dine
Wer lieber einen Fall zu Hause löst, kann seine Freunde zu einem Dinnerabend einladen. Die Spielserie «Crime & Dine» (Edition Michael Fischer) hat verschiedene Settings im Angebot: Das Dinner-Set «Babylon Berlin » etwa führt ins Berlin der 1920er und ist der gleichnamigen TV-Serie nachempfunden. Ein Set eignet sich für fünf bis acht Personen, dauert drei bis vier Stunden und enthält nebst den Einladungen die Rollenskripte, Hinweise, Tischkarten, Kostüm- und Rezeptideen. Ein Spiel kostet ca. 23 Franken.