Eine Renaissance-Studentin plumpst in einen Brunnenschacht – oder wurde sie hineingestossen? Die Leser und der Ermittler Bruno Courrèges wissen bald, dass mehr als ein Unfall dahintersteckt. Die Studentin stand in Verbindung mit einem alten, versehrten Résistance-Kämpfer, der als Kunstexperte eine wertvolle Gemäldesammlung besitzt. Die Herkunft etlicher seiner Werke scheint dubios. Es könnte sich um Raubgut handeln, sofern die Bilder überhaupt echt sind.
Wie alle seine Geschichten spielt auch der neuste Krimi «Connaisseur» des englischen Schriftstellers Martin Walker im südwestfranzösischen Périgord, dessen Landschaft ihm ans Herz gewachsen ist und wo er die meiste Zeit verbringt. Walker versteht es meisterhaft, historische Themen mit der aktuellen Zeitgeschichte in verschiedenen Erzählsträngen zu verbinden. In «Connaisseur» dreht sich die Handlung um die erst teilweise aufgearbeiteten Widersprüche der französischen Résistance im Zweiten Weltkrieg: «Erst 1943 bekam die Résistance Zulauf, als die Deutschen in Stalingrad und Nordafrika grössere Verluste hinnehmen mussten…» Zuvor arrangierten sich die Franzosen mit den Besatzern.
Auch dem Lukullischen frönt Walker in diesem Buch einmal mehr ausgiebig. Ermittler Bruno darf in der lokalen Ehrengesellschaft der «confrères» der Foie gras, also der umstrittenen Stopfleber, sowie dem Süsswein huldigen. Das mag nicht nach jedermanns Geschmack sein, gehört im Périgord aber zur lokalen Folklore. All das packt er in eine spannende Handlung und hat damit wieder beste Unterhaltungsliteratur geschrieben, in der er scheinbar nebenbei viel Wissen vermittelt.
Lesungen
Di, 20.10., 20.00 Buchhandlung Schreiber Olten SO
Mi, 21.10., 12.00 Zentrum Karl der Grosse Zürich («Zürich liest»)
Do, 22.10., 19.30 Rathaussaal Weinfelden TG
Buch
Martin Walker
Connaisseur
Aus dem Englischen von Michael Windgassen
437 Seiten
(Diogenes 2020)
5 Fragen an Martin Walker
«1000 Wörter täglich»
Sie haben mit dem noch nicht übersetzten «The Shooting at Château Rock» den 13. Bruno-Krimi geschrieben. Kommt nächstens wieder ein Sachbuch heraus?
Nein, noch ein weiterer Bruno-Krimi. Im 13. Fall steht ein russischer Oligarch im Mittelpunkt. Derzeit schreibe ich an einem Roman, der im Milieu des katalanischen Widerstands spielt. Wie Sie wissen, gehört ein Teil von Katalonien zu Frankreich. Hier wie in anderen Regionen gibt es Widerstand gegen den Zentralstaat, vor allem in Korsika und der Bretagne. Sogar im Elsass gibt es solche Bestrebungen.
Was? Wollen die zurück zu den Deutschen?
Nein, sie wünschen sich mehr Autonomie, lieber noch Unabhängigkeit; es ist aber eine kleine Bewegung. Das muss ich mir mal anschauen. Ungewöhnliche politische Aktivitäten gehören in meine Romane.
Sie schreiben sehr diszipliniert.
Ja, jeden Morgen 1000 Wörter. Zuerst trinke ich mit meiner Frau einen Kaffee, und wir lesen die Zeitungen. Dann geht es ans Schreiben, anschliessend gehe ich mit dem Hund laufen, einem Basset wie Brunos Balzac in den Romanen. Da kommen mir viele Ideen. Im Übrigen sind wir ein Familienunternehmen. Meine Frau liest alle Geschichten kritisch durch, bevor sie zum Lektor gehen. Meine Tochter in den USA besorgt unter anderem die Website.
Sie verkaufen viel mehr Bücher im deutschsprachigen Raum als im englischen. Warum eigentlich?
In den USA laufen meine Bücher gut; die US-amerikanische Leserschaft liebt das internationale Flair dieser Romane. Der britische Markt scheint indes bereits sehr gut abgedeckt mit diesem Genre. Ich hatte das grosse Glück, dass die Verantwortlichen des Diogenes Verlags das Potenzial meiner Romane für den deutschsprachigen Markt entdeckten, den grössten auf dem Kontinent.