Was im Januar 2008 startete, hat sich seine feste Fangemeinde erobert. Aber Achtung: Der Name täuscht. Es handelt sich nicht etwa um radiophone Fassungen von TV-«Tatort»-Folgen. Jeder «Radio Tatort» ist eine eigenständige Produktion. Dennoch sind Parallelen auszumachen zwischen Fernsehen und Radio: «Tatort» heisst hier wie dort, dass in den jeweiligen Regionen der neun beteiligten Radioanstalten im Monatstakt vertraute Ermittlerteams am Arbeiten sind. Die Fälle nehmen meist aktuelle gesellschaftliche Themen auf. Und die Ermittelnden sind Menschen mit einem Privatleben.
In Bedrängnis
Der Solothurner Schauspieler Ueli Jäggi ist ein gefragter Hörspielsprecher («Musil», «Hunkeler»). Seit 2008 amtet Jäggi auch beim «Radio Tatort» für den Südwestfunk als LKA-Ermittler Xaver Finkbeiner in Baden-Württemberg. Im jüngsten Fall mit dem Titel «Wilde Tiere» gerät Finkbeiner selber in Bedrängnis. Es droht ihm ein Disziplinarverfahren, weil er angeblich vor acht Jahren einem Verdächtigen beim Verhör Folter angedroht haben soll. Wieso kommt dieser alte Fall wieder ans Tageslicht? War Finkbeiner, der sich nicht erinnern kann, damals wirklich im Verhörraum, wie die digitalisierten Verhörbänder belegen? Jedenfalls: Die Sache macht Finkbeiner schwer zu schaffen – «ich bin fix und fertig».
Derweil muss die Frau an Finkbeiners dienstlicher Seite einen aktuellen Fall mit Hilfe eines französischen Kollegen lösen. Nina Brändle (Karoline Eichhorn) macht gerade Schluss mit ihrem ehebrecherischen Geliebten Sascha, einem Anwalt. Er wird ihr und Finkbeiner aber noch wertvolle Dienste leisten. Es handelt sich bei «Wilde Tiere» um eine Parallelaktion: Da ist die Geschichte mit den illegalen Tierimporten, womit eine Schmugglerbande gegen das Artenschutzabkommen verstösst. Die andere Geschichte, Finkbeiners eigener Fall, führt weit in die dunkle, braune Vergangenheit zurück. Seit zehn Jahren beschäftigt er sich nämlich mit einem gewissen Dr. Herzog, einem SS-Schergen, der als «Dr. Tod» im KZ Mauthausen eigenhändig Häftlinge ermordete – und nach dem Krieg entnazifiziert wurde.
Alles nur manipuliert?
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Foltersache, die man Finkbeiner nun anhängt, und seinen Recherchen in Sachen «Dr. Tod»? Weil die Spuren in die Gegenwart nachwirken, bis hin zu einem Vorgesetzten des Ermittlerteams (Peter Jordan)? Wurden die Aufnahmen am Ende gar zulasten von Finkbeiner manipuliert? Fragen, auf die der 72. Radio Tatort als spannendes Krimi-Kino für die Ohren Antwort gibt.
Walter Adler (1947) ist Autor von «Wilde Tiere», und er hat Regie geführt. So, wie er es bei vielen anderen Hörspielen gemacht hat. Als einer der renommiertesten deutschen Hörspielregisseure inszenierte er fürs Radio unter anderem Werke von Wolfgang Koeppen («Das Treibhaus»), Karl May («Orientzyklus»), Stewart O’Nan («Das Glück der Anderen») und Isabel Allende («Das Geisterhaus»).
Wilde Tiere
ARD Radio Tatort von Walter Adler
Mi, 8.1., 20.03 BR 2
Fr, 10.1., 22.03 SWR 2 (Download)