Die Agenten des britischen Geheimdienstes sind nicht mehr, was sie einmal waren: «Bei einem besonders sportiven Liebesakt hat der Agent Douglas einer Kulturbeauftragten von der japanischen Botschaft versehentlich den Arm durchschossen.» Just dieser Versager kommt jedoch in den Besitz einer Diamantensammlung im Wert von 20 Millionen Pfund. Man ahnt, dass das nicht gut gehen kann. Doch zum Glück gibt es in einem südenglischen Altersheim den «Donnerstagsmordclub», der sich des Falls annimmt. Die Gruppe setzt sich aus vier rüstigen Seniorinnen und Senioren zusammen, die nichts anbrennen lassen.
Der Brite Richard Osman fügt dem Thriller-Genre eine neue Variante hinzu: Er hat im Zeichen der verbreiteten gesellschaftlichen Überalterung mit «Der Mann, der zweimal starb» eine köstliche Parodie auf den Agentenkrimi geschrieben. Die Geschichte lebt von den vier betagten Clubmitgliedern: Die ehemalige Geheimdienstlerin Elisabeth ist das Gehirn der Bande mit einem verblüffend lockeren Umgang mit der Pistole. Ihr zur Seite steht die dusselige Joyce, immer auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer. Der alte Ibrahim ist der wohlmeinende Philosoph der Truppe. Zu diesen dreien gesellt sich der Gerechtigkeitsfanatiker Ron, Sozialist und Fan des Fussballclubs West Ham United.
Zwei Leichen ohne Edelsteine
Die Geschichte nimmt ihren Lauf, als Elisabeth von ihrem Ex-Mann Douglas kontaktiert wird, der stolzer Besitzer einer Diamantensammlung ist. Nicht zufällig, er musste dazu etwas nachhelfen. Dummerweise gehören die Edelsteine jedoch einem Exponenten der New Yorker Mafia, der sie gerne zurückhaben möchte. Kurze Zeit später wird Douglas’ Leiche in einem Schrank gefunden, zusammen mit dem leblosen Körper einer Neueinsteigerin beim Geheimdienst – aber ohne Diamanten. Genau solche Fälle liebt die umtriebige Elisabeth, zumal weitere Todesfälle anstehen. Sie bespricht sich mit ihren drei Kumpanen bei reichlichem Weingenuss und kommt zum Schluss, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werden muss. Man gönnt sich ja sonst nichts im langweiligen Seniorenheim, wie Joyce feststellt: «Ich merke immer mehr, wie wichtig es ist, einfach ein Gläschen zu trinken, selbst wenn sich rundum die Leichen türmen.» Was sie in letzter Zeit doch verstärkt tun.
Schon nach den ersten Kapiteln sehen sich die Grufti-Ermittler mit grundsätzlichen Fragen konfrontiert: Waren die beiden Ermordeten tatsächlich die Personen, als die sie identifiziert wurden? Zumal Elisabeth immer wieder Hinweise von ihrem Ex findet, die auf das Versteck der Edelsteine deuten. Gut möglich, dass er mit der Beute längst über alle Berge quicklebendig verduftet ist.
Köstlicher Roman der leichten Lektüre
Die Ermittlungen führen Elisabeth und Joyce nach Antwerpen, dem europäischen Handelsplatz für solche Ware. Beide Frauen verfolgen auf diesem Trip ihre eigenen Ziele: Elisabeth will die Diamanten und Joyce einen schönen Belgier, der ruhig ein paar Jahre jünger sein darf als sie.
Richard Osman hat einen köstlichen Roman der leichten Lektüre geschrieben, der einen in Bann zieht. Das Ende sei nicht verraten, aber Ron, stets seiner Moral verpflichtet, darf am Schluss zufrieden sein.
Buch
Richard Osman
Der Mann, der zweimal starb
Aus dem Englischen von Sabine Roth
446 Seiten
(List 2022)