Der erste Eindruck ist martialisch. Ein massiges Bollwerk zeugt von der solothurnischen Wehrbereitschaft im 16. Jahrhundert. Es steht am südlichen Rand der Solothurner Innenstadt und sollte wohl einst kriegerische Vaganten verscheuchen. Wer hier am Bieltor vorbeikommt, erwartet Pech und Schwefel und keinesfalls künstlerische Inspiration. «Burristurm» heisst der trutzige Klotz im Volksmund – und ist im Innern nichts als Behaglichkeit.
Mit Lokalkolorit
Die junge Anja Lauper, Vorstandsmitglied der Kulturm-Trägerschaft, stellt mit ihren Kollegen jedes Jahr ein Programm mit Lokalkolorit zusammen. Nicht nur Solothurnisches soll hier zum Zug kommen; auch Kleinkünstler, die landesweit auftreten, gehören ins Programm: «Wir wollen die Region kulturell präsentieren», sagt sie, «und bekannte Künstler nach Solothurn bringen, die dem Publikum etwas sagen». Darunter sind Schweizer Leuchttürme wie der Kabarettist Joachim Rittmeyer oder der Berner Interpret James Gruntz, aber auch Unbekanntere wie die Band mit dem poetischen Namen Peggy Bee And The Revolting Three. Dazu kommen Anlässe für den regionalen Nachwuchs im Kulturm wie die Newcomer Classics.
Der mehrstöckige «Burristurm» bietet den Besuchern auf der untersten Etage eine Bar und zwei Wendeltreppen weiter oben ein Kleintheater mit Platz für fast 100 Personen – alles sehr gemütlich und intim. Man spürt, hier ist nicht Revolution angesagt, sondern gepflegter Ausgang für alle Generationen. Und auf die ist der Kulturm angewiesen, denn er muss sich in einem angebotsreichen, kulturellen Solothurner Umfeld behaupten: Da ist das Lokal Kofmehl an der Aare, das immer wieder für Aufmerksamkeit sorgt. Und das Theater Biel/Solothurn ist seit Jahren eine etablierte Bühne mit solidem Programm. «Wir sprechen jedoch ein anderes Publikum an», sagt Anja Lauper, «weil wir als einzige Kabarett bieten.»
Ehrenamtliche Arbeit
Aber der Turm bewährt sich schon seit sieben Jahren. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass Solothurn mit knapp 17 000 Einwohnern zu den kleineren Kantonshauptorten gehört. Wobei ein grosser Teil der Besucher aus der näheren Region kommt. Wie die meisten Institutionen dieser Art, ist der Kulturm auf Fronarbeit angewiesen. Wer immer für das Programm oder den Beizenbetrieb tätig ist, arbeitet ehrenamtlich; die Stadt verzichtet allerdings auf eine Miete, der Kanton springt bei einzelnen Anlässen mit einer Defizitgarantie ein. Dazu kommen Zuwendungen von privaten Sponsoren; zudem werden die Räumlichkeiten kommerziell an Private und Firmen für Anlässe vermietet. Mitte Februar geht die neue Saison los mit Fasnachts-Schnitzelbänken (12.2.), 26 weitere Veranstaltungen sind bis Mitte Jahr vorgesehen.
Nach einer Abend-Vorstellung im Kulturm geht es für die Besucher die Wendeltruppen runter zum letzten Drink an der Bar und dann hinaus in die dunkle Solothurner Altstadt.
Zwei Rosinen aus dem Programm
Flurin Caviezel
Für den Bündner Musiker und Kabarettisten Flurin Caviezel ist der Kulturm ein «idealer Auftrittsort» mit besonderer Architektur und von richtiger Grösse. Er wird am 1. Mai dort mit seinem Soloprogramm «S’isch doch asò» zu sehen sein.
Caviezel mag Ortschaften wie Solothurn, die ihn von der Grössenordnung her an seine Churer Heimat erinnern. Er ist für die Unterschiede zwischen Auftritten in städtischen und eher ländlichen Gebieten sensibilisiert: «In den grossen Städten ist man einer unter vielen, auf dem Land empfangen sie einen manchmal wie einen König.» Solothurn ist irgendwo zwischendrin. Die Leute kennen sich zum Teil und geniessen das gemeinsame Gaudi. Die Reaktionen auf sein Programm seien jedoch allerorts ähnlich: «Viel wichtiger als der Ort ist der Wochentag, am Montag sind sie meist schlecht drauf.»
Caviezel streut in sein Programm lokale Aktualität ein. Kürzlich etwa in Liestal Sprüche über die kommenden Baselbieter Regierungsratswahlen, oder in Horw LU brachte er eine neue Unterkunft für Asylsuchende aufs Tapet. Noch weiss er nicht, was für das Lokalkolorit im Solothurner Frühjahr wichtig sein wird.
S’isch doch asò
Fr, 1.5., 20.15
Lukas Zürcher und Magdalena Kostroman
Die beiden jungen Solothurner Musiker treten im Kulturm erstmals gemeinsam als Duo Mags auf. Lukas Zürcher und Magdalena Kostroman werden Mitte Mai zusammen ihr Debüt mit Songs aus den 80er- und 90er-Jahren geben, etwa von Bryan Adams oder Alanis Morissette. Zürcher kennt den Kulturm bereits, weil er dort einst mit seiner Band Johnny Fountain And The Rivals spielte, allerdings als Schlagzeuger. Er spricht von einem «Stubenfeeling» im Kulturm: «Wir kennen die meisten.» Als Musiker ist es für ihn dort behaglicher als im grösseren Kofmehl: «Die trinken eher ein Cüpli statt Bier.»
Mags
Do, 14.5., 20.15
Vollständiges Program im Kulturm:
www.kulturm.ch