Mauro Peters Stern ging 2012 an der Schubertiade im vorarlbergischen Schwarzenberg so richtig auf. Der junge Tenor durfte an diesem Hotspot des Liedgesangs zusammen mit Helmut Deutsch, seinem Lehrer für Liedgesang an der Münchner Musikhochschule, einen Liederabend gestalten. Nicht irgendeinen. Es war Schuberts berühmter Liederzyklus «Die schöne Müllerin». Nach der «Winterreise» so ungefähr das Zweitheiligste, was man in diesem Mekka des Schubert-Gesangs aufführen kann. Ein Auftritt, der hohe Wellen warf: Über Nacht quasi war die Fachwelt aufmerksam geworden auf dieses Tenor-Talent aus Luzern.
Vom Opernhaus Zürich an die ersten Adressen
Und kurz darauf wurde er vom Opernhaus Zürich ins Ensemble engagiert, wo er seitdem vor allem mit den Tenor-Partien von Mozart – Tamino in der «Zauberflöte», Belmonte in der «Entführung aus dem Serail» – für Aufsehen sorgte. Es folgten Engagements an die ersten Adressen von Europas Opernhäusern, als Krönung die Salzburger Festspiele, wo er 2016 mit Ferrando in «Così fan tutte» und 2018 ebenfalls mit Tamino weitere Pflöcke für seine Weltkarriere einschlug. Dazu kam die Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt in Wien, die Mauro Peter als sehr bereichernd empfand: «Als ich ihm vorgesungen habe, hat er mich kaum eine Phrase singen lassen, sondern gleich vom ersten Ton an zu arbeiten begonnen. Harnoncourt hat eine unglaubliche Einsicht in die Finessen von Mozarts Musik. Und dazu kommt, dass er einem viel Nervosität wegnimmt, weil er alle seine Ideen mit einer unbändigen Freude vermittelt.»
Die Empfindungen ans Publikum weitergeben
Eine Karriere wie aus dem Bilderbuch. «Es hat sich einfach alles so ergeben», sagt der Luzerner Tenor mit schweizerischem Understatement. Den Erwartungsdruck hat er zwar wahrgenommen, aber die höchsten Ansprüche stellt er an sich selbst: «Deshalb muss ich mir immer wieder verdeutlichen, dass es den Leuten bisher grösstenteils gefallen hat, was ich mache. Natürlich möchte ich immer wieder rechtfertigen, dass ich in so jungen Jahren an so prominenten Orten singen darf. Es ist doch klar, dass ich mich mit jedem Auftritt verbessern möchte.» Sein Rezept: «Ich lenke alle Gedanken auf meine Freude am Singen und an der Musik und denke ansonsten nicht allzu viel nach. Ich bin jemand, der gerne Empfindungen aufsaugt und sie ans Publikum weitergibt.»
Mozart möchte Mauro Peter unbedingt treu bleiben: «Ich möchte immer in der Lage bleiben, einen Ottavio oder Tamino zu singen.» Gleichzeitig mag er die Vielseitigkeit seines Berufs. Wenn er etwa die klitzekleine Partie «Stimme des Seemanns» im Vierstünder von Richard Wagners «Tristan» singt, dann hadert er nicht mit dem marginalen Auftritt, sondern freut sich an dieser ganz anderen Musikwelt.
Sein Debüt in der Heimatstadt
«Heute ist es so, dass ich die drei Sparten Oper, Lied und Oratorium als absolut gleichberechtigt betrachte und nebeneinander pflegen will. Weil es mir Spass macht und weil sich mir als lyrischem Tenor glücklicherweise die stimmlichen Möglichkeiten dazu bieten.» Auch auf CD stand Schuberts «Schöne Müllerin» am Beginn der Karriere von Mauro Peter. Ein Mitschnitt aus der Londoner Wigmore Hall erschien auf deren Label. Für Sony spielte er Schubert-Lieder und Schumanns «Dichterliebe» ein, alle ebenfalls mit seinem Mentor Helmut Deutsch am Klavier.
Viele seiner Opern-Engagements sind auf DVD verfügbar: etwa sein Tamino aus Salzburg, sein Belmonte aus der Mailänder Scala, der Da-Ponte-Zyklus mit Harnoncourt aus Wien, Alban Bergs «Wozzeck» oder die Opernrarität «Das Labyrinth» von Peter von Winter aus dem Opernhaus Zürich.
Mauro Peter lebt gerne in Zürich. Er sei kein Pendler, es würde ihn ärgern, wenn er nach einer schönen Vorstellung noch auf den Zug hetzen müsste. «Aber im Herzen bin ich Luzerner geblieben, gerade auch im Fussball», sagt er lachend. So ist es denn nur folgerichtig, wenn er endlich auch beim Lucerne Festival debütieren kann. Zusammen mit Helmut Deutsch singt er Schumanns «Dichterliebe» auf der Bühne des KKL. Und packt dafür seine grosse Stimme aus: «Im Liedgesang nur mit der halben Stimme zu singen, wie das manche Kollegen propagieren, finde ich schade und langweilig. Man hat vielleicht die Möglichkeit, im Lied noch ein bisschen mehr ins Pianissimo zu gehen als auf der Opernbühne.» Sonst aber singe er mit der gleichen Stimme. Gerade in der «Dichterliebe» gäbe es auch sehr starke und dramatische Gefühle. «‹Ich grolle nicht›, heisst ein Titel, aber innerlich tobt der Vulkan: Das soll man auch hören.»
Nach dem Debüt beim Lucerne Festival stehen gleich einige weitere Karriere-Meilensteine auf der Agenda des jungen Tenors: Im Oktober singt er zum ersten Mal die Rolle des Liebhabers Nemorino in Donizettis komischer Oper «L’Elisir d’Amore» an «seinem» Opernhaus Zürich, in Madrid debütiert er im Dezember am Teatro Real mit Don Ottavio in Mozarts «Don Giovanni». 2021 folgt ein weiterer Ritterschlag bei seinem ersten Auftritt in der Berliner Philharmonie unter Kirill Petrenko. Schöne Pläne – verbunden mit der Hoffnung, dass sie vom Virus nicht durchkreuzt werden.
Konzert
Mauro Peter singt Schumanns «Dichterliebe» und «Liederkreis» op. 39 mit Helmut Deutsch am Klavier
Di, 18.8., 19.30 KKL
CD
Schumann
Dichterliebe und weitere Lieder, mit Helmut Deutsch am Klavier
(Sony 2016)
DVD
Mozart
Die Zauberflöte. Salzburger Festspiele
(C-Major 2018)