Sie habe gerne Gäste, sagt Andrea Kirchhofer, als sie die Tür zum «Aglophon» öffnet. Ein Rundblick macht klar, was die Musikerin damit meint. Die Industriehalle in Zürich-Nord ist in liebevoller Kleinarbeit zum lauschigen Konzertlokal umgestaltet, wo der Spirit vieler Veranstaltungen in der Luft schwebt. Eine Wandtür neben der Bühne führt in Kirchhofers Atelier. Eine Doppelnutzung, die das Wesen der Geigerin auf den Punkt bringt: «Ich bin Musikerin aus tiefstem Herzen und will meine Musik auch unter die Leute bringen.»
Dieses Credo gilt seit jungen Jahren, als sie vom Aargau nach Irland zog, um dort als Strassenmusikerin den Irish Folk zu erkunden. Auf der grünen Insel lernte sie den Akkordeonisten Jonas Guggenheim und den Klarinettisten Bruno Strüby kennen. «Wir zogen weiter in eine gemeinsame Zukunft», sagt Kirchhofer, die ab 2009 mit den beiden im Trio Zugluft spielte.
«Ich mag keine Musik, die sich anbiedert»
Nach Guggenheims Tod 2020 wurde Zugluft zum Duo. «Bruno und ich entwickeln eigenständige Sounds für ein treues Nischenpublikum», sagt Andrea Kirchhofer. Trotz Masterabschluss an der Jazzschule Zürich bewegt sie sich zwischen den Stilen. «Ich mag keine Musik, die allzu reglementiert ist oder sich anbiedert», lacht sie und schwört auf den «eigenen Zugang». Diesen findet sie in gezielt gewählten Bands.
Mit Matthias Lincke etwa changiert sie zwischen Schweizer Volksmusik, Jazz und Improvisation. Auf den Ostschweizer Geiger traf sie in der furiosen Folkpunkband Dead Brothers. Ganz anders klingt Kirchhofer bei den Formationen Rodas und Soras der Churerin Corin Curschellas.
Bei Theater- und Tanzprojekten liebt sie auch szenische Einsätze. «Ich mag Kontraste», kommentiert sie ihr breites Spektrum und kommt dann auf ihre Rolle bei der zehnköpfigen Aargauer Band Suma Covjek zu sprechen, die Balkanpop mit mediterranen Klängen mischt. Dort stehe sie mitten in der Bläsersektion und müsse sich hervorspielen. «Ich bin fasziniert vom Klang meines Instrumentes und stets am Suchen und Finden meiner Rolle als Geigerin.»
Aktuell ist Kirchhofer mit zehn Projekten unterwegs. Auch logistisch eine Herausforderung: «Es kann vorkommen, dass ich pro Woche drei verschiedene Programme spiele. Da muss ich vor allem das Üben planen.» Ihr «Aglophon» muss die agile Musikerin bald räumen. In Däniken zwischen Aarau und Olten wird ihre neue Wirkungsstätte sein. Wieder hat sie einen Ort gefunden, wo sie ausgiebig üben kann – und Konzerte veranstalten.
Zugluft
Sa, 6.7., 20.00
Aglophon Regensdorf ZH
Do, 25.7., 21.00
Stadtsommer im Park Sihlhölzli Zürich
SumaCovjek
Fr, 19.7., 19.30
Europaplatz Luzern
Soras
So, 25.8., 13.00
Stubete am See,
Tonhalle Zürich
www.andreakirchhofer.ch
Andrea Kirchhofers Kulturtipps
Buch
Marianna Leky: Was man von hier aus sehen kann (Dumont 2017)
«Der Roman der Kölner Autorin hat mich mit seiner wundervoll bild haften Sprache total begeistert.»
Album
Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp: We’re OK. But we’re lost anyway (Bongo Joe 2021)
«Die Alben dieser stilistisch viel fältigen Grossformation aus Genf höre ich aktuell sehr gerne. Ich hoffe, das Orchestre mal live zu erleben.»
Konzert
Irina Ungureanu und Anna Trauffer: Lieder aus dem Schneckenhaus
«Das berührende und poetische Programm dieser beiden Multi instrumentalistinnen und Sängerin nen feierte kürzlich seine Urauf führung im Moods.»
So, 27.10., 17.00
Musikraum Tanne Bäretswil ZH