Die schöne Jane-Austen-Verfilmung «Stolz und Vorurteil» geht immer ans Herz. Dieser Film mit Keira Knightley in der Hauptrolle lief zwar schon im Kino und im Fernsehen, und die DVD ist im Verleih erhältlich. Dennoch möchten 23 Fans den Streifen im «richtigen Kino» wiedersehen, genauer im Zürcher Kino Houdini, Anfang Januar für 16 Franken Eintritt. Ein offenkundig romantisch veranlagter Filmfan lädt Gleichgesinnte auf der Website Gokino.ch ein, die Liebesgeschichte aus dem frühen 19. Jahrhundert auf Leinwand zu sehen – als Gemeinschaftserlebnis. Wer kommen will, meldet sich mit ein paar Klicks an.
Cinema on Demand heisst das neue Kinoangebot, das dem Publikum in Zürich und Genf versuchsweise offensteht. In kleineren Ortschaften wie Oftringen und Brugg ist es mit dem Angebot «Red Carpet» bereits etabliert. Zur Auswahl stehen grundsätzlich alle Filmproduktionen, sofern die Aufführungsrechte eine Vorführung erlauben.
Und so funktionierts:
Gokino.ch ist eine Art Crowdfunding. Interessenten suchen via Internet eine Anzahl Kinogänger, die mit ihnen einen eigens bestellten Film im Kino sehen wollen – zu den Randzeiten, wenn die Säle ohnehin leerstehen. Die Besucherzahl richtet sich nach der Grösse des Raums, eine Mindestanzahl Anmeldungen ist nötig, damit eine Vorführung zustande kommt. Gruppen können einen Kinosaal auch ganz mieten für 400 bis 700 Franken. In Zürich sind neben dem Houdini die Kinos Movie, Riffraff und Piccadilly dabei.
Bei Red Carpet melden sich Gruppen, zum Beispiel Bürogemeinschaften oder ein Sportclub, um einen Film gemeinsam zu sehen. Im Einzelfall schicken sie dem Kinobetreiber gleich ihre eigene DVD ein, die im Lichtspielsaal gespielt wird. Auch Games für die X-Box oder die Playstation lassen sich im gemeinsamen Kino spielen.
«Am meisten sind die Klassiker gefragt», sagt Nadine Weibel von Red Carpet, «Filme wie zum Beispiel ‹Spiel mir das Lied vom Tod›.» Ein Blick auf das Angebot von Gokino zeigt allerdings, dass auch Produktionen der einfacheren Sorte gewünscht sind, etwa «Conan The Barbarian».
Es gibt Besuchergruppen, die bei «Red Carpet» Filme wünschen, die ihrer persönlichen Lebenswelt nahe stehen, zum Beispiel, wenn lokale Feuerwehrleute den Hollywood-Grossbrand «Backdraft» sehen möchten oder die Mitarbeiter einer Bankfiliale von «The Woolf Of Wall Street» mit Leonardo di Caprio träumen. «Und wenn Geschäftsleute zu uns kommen, soll es wenn möglich die Vor-Vor-Premiere sein …», sagt Weibel, was sich nicht immer organisieren lässt.
Die Kinos von «Red Carpet» im westlichen Mittelland bieten zudem individualisierte Dienstleistungen auf der Leinwand an. So kann ein Verliebter während des Werbeblocks vor dem Film einen Video-Heiratsantrag an die Angebetete spielen lassen – zum Gaudi des Kinopublikums.
Erlebnis im Vordergrund
Mit Cinema on Demand hält der Trend nach individuellen Kino-Wunschprogrammen an. Beim Fernsehen hat diese Entwicklung längst mit den Video-on-Demand-Angeboten von Swisscom über Cablecom bis Netflix eingesetzt, das nur im Internet abgerufen werden kann. Da lässt sich allerdings die schmachtende Keira Knightley nicht als Gemeinschaftserlebnis geniessen.