Der Spielfilm beginnt mit einer dokumentarischen Aufnahme. Fritz Bauer sagt im Fernsehen: «Eine junge Generation ist daran interessiert, die ganze Wahrheit zu erfahren, die zu bewältigen ihren Eltern mitunter schwer fällt.» Bauers grosses Ziel ist «eine neue Gesellschaft, frei, gerecht, brüderlich».
Er war nicht der verbitterte «Rache-Jude», als der er von seinen Gegnern denunziert wurde. Fritz Bauer (1901–1968) wollte anders als die offizielle Bundesrepublik der 1950er-Jahre keinen «Schlussstrich» (Adenauer) ziehen, nicht einfach vergessen, sondern im Gegenteil die Vergangenheit aufarbeiten Er wollte Gerechtigkeit und die Schuldigen aus der Nazi-Zeit zur Rechenschaft ziehen. Fritz Bauer tat es in seiner Funktion als hessischer Generalstaatsanwalt – angetrieben von heiligem Zorn.
Ein einsamer Kämpfer
Der Film zeigt Bauer als einen einsamen Mann, der seine Homosexualität nicht ausleben durfte. Man sieht ihn einmal zu Hause, wie er alleine gegen sich Schach spielt. Auf dem Plattenspieler läuft Tschaikowskis «Pathétique». Bauer verfügte auch über schön trockenen Humor. Ein Beispiel: Auf die Frage «Interessieren Sie sich für die Jagd?» eines Amtskollegen antwortet Bauer: «Ja, aber nicht auf Tiere.»
Er hat – der Film zeigt die Episode – den Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann in Argentinien aufgespürt. Zudem hat Bauer massgeblich die Frankfurter Auschwitz-Prozesse initiiert. Immer wieder hat er gegen Widerstände seiner nächsten Umgebung zu kämpfen – «Meine eigene Behörde ist Feindesland.» Es geht nicht voran, man behindert Ermittlungen. Immer wieder verschwinden Akten. Kein Wunder, überall hocken noch Alt-Nazis, auch beim Bundesnachrichtendienst, beim Bundeskriminalamt und beim Staatsschutz. Einen Verbündeten findet Bauer im jungen Staatsanwalt Karl Angermann (Ronald Zehrfeld).
«Erlösungsgeschichte»
Die Mission ist delikat: Bauer informiert den israelischen Geheimdienst Mossad über den Aufenthaltsort Eichmanns. Eine solche Zusammenarbeit kommt einem Landesverrat gleich. Der Mossad schnappt Eichmann in Argentinien, und Israel macht ihm den Prozess. Dies entgegen Bauers Plänen: Deutschland sollte ein Auslieferungsgesuch stellen. Aber die Adenauer-Regierung weigert sich. Die Niederlage lässt Bauer nicht unterkriegen.
Der 1973 geborene Regisseur Lars Kraume versteht seinen Film nicht einfach als Geschichtslektion: «Wir erzählen die Erlösungsgeschichte eines Mannes, der nach dem Zweiten Weltkrieg als kaputter Pessimist nach Deutschland zurückkehrt und im Kampf gegen das kollektive Vergessen seine Bestimmung findet.» Es handle sich um «eine emotional packende, zeitlos inspirierende Heldengeschichte». Diesen Ansprüchen wird der Film gerecht dank der guten Machart und der überzeugen-den Interpretation von Burghart Klaussner («Das weisse Band») in der Rolle von Fritz Bauer. In Locarno gab es den Publikumspreis.
Der Staat gegen Fritz Bauer
Regie: Lars Kraume
Ab Do, 1.10., im Kino