kulturtipp: Gratuliere, Sie haben den erfolgreichsten Schweizer Film des Jahres 2017 produziert: «Die göttliche Ordnung» hat mehr als 340 000 Eintritte allein in Schweizer Kinos zählen können. «Papa Moll» hat seit dem Start am 21. Dezember bereits über 100 000 Besucher ins Kino gelockt. Sind Sie jetzt reich geworden?
Reto Schaerli: Man sollte in der Schweiz nicht zum Film gehen aus ökonomischen Interessen, weil man dann dazu verflucht ist, unglücklich zu werden. Die Geld-Frage wird uns in der Schweiz jedoch ganz oft gestellt, im Ausland nie. Man sucht in der Schweiz vielleicht eine Form, um den Wert der Kultur zu messen, und landet dann beim Geld. Spannender als die Frage selbst ist also, was hinter der Frage steckt.
Gibt es für Erfolg, wie immer man ihn definieren will, Garantien oder gar Rezepte?
Schaerli: Garantien gibt es keine. Es gibt Hausaufgaben, die man als Produzent machen sollte: Marktanalyse, Zielgruppenanalyse, Veränderung der Publikumssegmente. Was macht die internationale Konkurrenz? Wo könnte die Nische für den eigenen Film sein? Und so weiter. Aber ich glaube, je mehr man auf Sicherheit spielt beim Filmemachen, desto mehr entsteht auch wieder die Gefahr von Misserfolg. Es ist ein Spannungsfeld, in dem man sich bewegt. Dazu kommt der Zeitfaktor: Mit der Arbeit an «Die göttliche Ordnung» haben wir fünf Jahre vor Kinostart begonnen. Was heute vielleicht Zeitgeist ist, ist es vielleicht schon nicht mehr, wenn ein Projekt aufs Publikum, auf den Markt trifft. Mit anderen Worten: Es gibt sehr wenig Sicherheit.
Lukas Hobi: Und dann realisieren wir die Filme ja nicht alleine. Das ist ja gerade das Spezielle an der Kunstform Film, dass wahnsinnig viele Menschen involviert sind und viele sich künstlerisch beteiligen. Da ist es die Herausforderung, auf die richtigen Talente zu setzen, sie auch zu fördern.
Sie sind Player auf dem Markt, auch in dem Sinne, dass Sie ausprobieren, etwas versuchen.
Hobi: Wir stecken sehr viele Ressourcen in die Entwicklung. Vielleicht als Massstab: Wir drehen zwei bis maximal vier Filme pro Jahr, haben aber zehn bis zwölf Projekte in der laufenden Entwicklung.
Schaerli: Wir entwickeln auch Projekte, die dann nicht realisiert werden. Wir versuchen, Grenzen auszuloten, zu schauen: Was geht, ist die Geschichte wirklich interessant? Jeder Film ist ein Prototyp. Das heisst, wir probieren viel aus. Das ist mit Aufwand verbunden. Der Erfolg von Filmen wie «Die göttliche Ordnung» und «Papa Moll» erlaubt uns, diesen Aufwand zu betreiben.
«Di chli Häx», der am 1. Februar in die Kinos kommt, ist Ihr neuster Film, eine schweizerisch-deutsche Co-Produktion. Können Sie an diesem aktuellen Beispiel erörtern, was eigentlich alles zum Aufgabenbereich eines Produzenten gehört?
Schaerli: Der Produzent ist oft der Erste, der kommt, und der Letzte, der geht. Zumindest bei uns ist das so. Es gibt andere Modelle, wo ein Autor oder ein Regisseur im stillen Kämmerlein eine Geschichte entwickelt und dann erst zum Produzenten kommt. Das gibts bei uns eher selten.
Hobi: Ein Produzent braucht eine breite Palette an Fähigkeiten: visuelles Verständnis, dramaturgisches Know-how, Management-Fähigkeiten, Führungsqualitäten und so weiter. Bei einer Produktion beschäftigen wir bis zu 100 Mitarbeiter, das heisst, wir übernehmen auch Verantwortung als Arbeitgeber. Man muss Banker sein für die Liquiditätsplanung, man muss Jurist sein für die vielen Verträge und Marketingspezialist für die Auswertung.
Wie hat sich Ihrer Erfahrung nach die Schweizer Filmlandschaft in den letzten Jahren verändert?
Schaerli: In meiner subjektiven Wahrnehmung hat sich der Schweizer Film verbreitert. Er ist immer noch ambitionierter Arthouse-Film, er ist aber auch Kinder- und Familienfilm, er ist Unterhaltungsfilm, er ist Fernsehfilm – er ist Serie, er ist all das und vieles mehr. Ich werte zudem positiv, dass der Schweizer Film in den vergangenen 20 Jahren eine gesellschaftliche Aufwertung erfahren hat: Man redet über ihn, man geht ihn schauen, man findet ihn oft «auch gar nicht so schlecht».
Hobi: In den Jahren, in denen wir selber als Produzenten mitspielen, hat ganz bestimmt eine Professionalisierung stattgefunden. Man hat gelernt, Filme sehr effizient abzuwickeln. Wir machen nach wie vor Filme mit tieferen Budgets als zum Teil im Ausland. Die Professionalisierung sieht man beim Dreh, dadurch, dass unsere Teams vermehrt mit dem Ausland in Kontakt kommen, ein Austausch möglich wird und ein wertvoller Know-how-Transfer stattfindet.
Können Sie verraten, was von Zodiac Pictures als Nächstes zu erwarten ist?
Hobi: Im Sommer startet der Dreh zu einem neuen Kinofilm von Bettina Oberli. Dann arbeiten wir an einem Serien-Projekt, an dem Petra Volpe («Die göttliche Ordnung») und Bernd Lange zurzeit schreiben, das wird voraussichtlich im Jahr 2019 realisiert. Diesen Frühling und im nächsten Jahr drehen wir voraussichtlich je einen «Tatort».
Di chli Häx
Als aktuelle Produktion von Zodiac Pictures kommt der Kinderfilm «Di chli Häx» ab 1.2. in die Kinos. Die Uraufführung findet an den Solothurner Filmtagen statt. Der Schweizer Regisseur Michael Schaerer («Stationspiraten») verfilmt den 1957 erschienenen Kinderbuchklassiker von Otfried Preussler. Trotz ihrer Jugend von erst 127 Jahren will die kleine Hexe auf den Blocksberg. Als sie dort von den grossen alten Hexen entdeckt wird, lacht man sie aus. Zur Strafe muss sie bis zur nächsten Walpurgisnacht das Hexenbuch mit 7892 Zaubersprüchen auswendig lernen. (fn)
Sa, 27.1., 17.00 Reithalle Solothurn
Mi, 31.1., 13.30 Konzertsaal Solothurn