Gauthier Toux hat mindestens so viel Hip-Hop in den Händen wie Jazz. Wenn der 23-jährige Pianist mit seinem traditionell besetzten Trio loslegt, stellen sich den Zuhörenden die Nackenhaare auf, und ihre Beine beginnen zu wippen. Entsprechend heisst Toux’ aktuelles Album «Unexpected Things». Den musikalisch frischen Wind des Lausanners gibt es bald im ganzen Land zu hören. «Gauthier wird acht Konzerte in der Deutschschweiz und im Tessin geben», stellt Arnaud Di Clemente in Aussicht. Der ebenfalls aus Lausanne stammende Veranstalter ist Geschäftsführer des Festivals Suisse Diagonales Jazz (SDJ), das zweijährlich die interessantesten Nachwuchstalente der Schweizer Jazzszene auf Tournee schickt.
60 Konzerte in 25 Clubs
Gauthier Toux ist gebürtiger Franzose, lebt aber seit zehn Jahren in Lausanne und ist Teil der dortigen Szene. Bisher war seine Konzerttätigkeit auf den frankofonen Markt fokussiert. «Toux war eher in Paris oder Brüssel zu hören als in Zürich», sagt Di Clemente. Dies soll sich dank Suisse Diagonales Jazz ändern.
Doch ist Toux daran überhaupt interessiert? Gemäss Di Clemente ist der Sprung über Röstigraben und Gotthard für junge Bands überlebenswichtig. Deshalb haben sich Mitte der 90er-Jahre Clubbetreiber im ganzen Land zusammengetan und ein Austauschprogramm lanciert. Das daraus erwachsene Festival Suisse Diagonales Jazz verfolgt diesen Grundgedanken bis heute – mit wachsendem Erfolg. «Noch vor wenigen Jahren waren 10 bis 15 Clubs engagiert. 2015 waren es schon 20, und diesen Winter geben unsere zehn Bands 60 Konzerte in 25 Clubs», sagt Di Clemente.
Die Bands werden an vier regionalen Veranstaltertreffen vorselektioniert. Wer auf Tournee geht, entscheidet der SDJ-Vorstand, wobei auf Innovation und Vielfalt geachtet wird. So spielt Toux in Lugano, Chur oder Schaffhausen. Die Zürcher Sängerin Marena Whitcher gastiert mit ihrem skurril-poppigen Shady Midnight Orchestra in Fribourg oder Saignelégier. Das Basler Indie-Jazz-Projekt Mantocliff reist nach Biel, Sion und Muri im Freiamt. Das Tessiner Saxofon-Trio TreMeandy stellt sich in Olten, Liestal und St. Gallen vor.
Kontakte, Aus- und Weiterbildung
Auf diese Weise erreichen die zehn Bands nicht nur neue Publika. Genauso wichtig ist das Knüpfen von Kontakten mit Kollegen, Veranstaltern oder Medienleuten. Zudem profitieren sie von einem Coachingprogramm, das Suisse Diagonales Jazz seit 2015 anbietet. «Zur Nachwuchsförderung gehört die Aus- und Weiterbildung», betont Arnaud Di Clemente. «Deshalb bieten wir unseren Bands Workshops zu Management, Kommunikation oder Webpräsenz.» Der engagierte Brückenbauer, der in seinem Hauptberuf den Berner Club bee-flat im Kulturhaus Progr leitet, führt den Erfolg von Suisse Diagonales Jazz auf Pragmatismus zurück: «Ein Jazzpianist aus Lausanne kann nicht sein Leben lang in der Romandie spielen. Er muss Grenzen überschreiten. Genauso wie Saxofonisten in Zürich oder Schlagzeuger in Basel.» Diese Erfahrung helfe den jungen Musikern sodann beim zweiten, grösseren Sprung – in den internationalen Markt.
Suisse Diagonales Jazz
So, 15.1.–So, 19.2.
Ganze Schweiz
Eröffnungsabend
Sa, 14.1., 20.00 Progr Bern
www.diagonales.ch
CD
Gauthier Toux Trio
Unexpected Things
(NoMadMusic 2016).