Wenn ein Kabarettist sein Publikum geschlagene 17 Jahre auf ein neues Programm warten lässt und dann bei seiner Rückkehr als Gott gepriesen wird (zumindest von Patti Basler, die an den Kabarett-Tagen die Laudatio halten wird), dann handelt es sich entweder tatsächlich um Gott. Oder aber der Mann hat diese Kunstsparte so nachhaltig geprägt, dass sie ohne ihn nicht mehr denkbar ist.
Wer bei Josef Hader auf das Zweite tippt, liegt insofern nicht falsch, als der Österreicher mit Vorliebe Einmannstücke aufführt, in denen es von Angstfantasien, tödlichen Unfällen und anderen Ungeheuerlichkeiten wimmelt. Und in denen er blitzschnell zwischen Figuren switcht – in «Hader muss weg» waren es sieben, wovon drei starben. Das ist alles Mögliche, aber keine klassische Stand-up-Comedy.
Nur der Cornichon fehlte dem Österreicher noch
Schön und folgerichtig also, dass dieser unerschrockene Bühnenvirtuose nun von den Oltner Kabarett-Tagen mit dem Cornichon ausgezeichnet wird. Es ist einer der letzten grossen Spartenpreise, die dem Österreicher noch gefehlt haben. Bloss: Warum hat es mit dem jüngsten Programm «Hader on Ice» so lange gedauert? Er sei kein schneller Schreiber, liess Hader jüngst in einem TV-Interview verlauten.
«Und ich wollte unbedingt auf dem zweiten Bildungsweg noch Filmregisseur werden, obwohl ich es nicht gelernt habe.» Dieser Ansporn führte den 1962 in Oberösterreich geborenen Künstler bereits in den 90er-Jahren zum Film – nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Drehbuchautor. Die Tragikomödie «Indien» über zwei übers Land fahrende Unsympathen, die mittelmässige Gasthöfe testen, war eine erste Visitenkarte der lakonischen Abgründigkeit.
Später folgten vier schwarzhumorige «Brenner»-Krimis, bis Hader 2017 – wie geplant – seinen Regieerstling «Wilde Maus» vorlegte: eine durchaus wilde Ansammlung an bösen Pointen über einen geschassten Musikkritiker (Hader), der Rachefantasien gegen seinen Ex-Chef hegt.
Aber jetzt ist Hader wieder da, wo seine Verschrobenheiten am unmittelbarsten zünden – auf der Bühne. Und abermals stemmt er ein Zweistundenprogramm, an dem allein der Titel «Hader on Ice» so wunderbar uneindeutig ist. Es geht um Vergänglichkeit, Verschwörungstheorien, Alkohol und um Hader als alten weissen Mann, der sich als zynische Version seiner selbst zerzaust.
Oder wie es der Comedian formuliert: «Ich versuche, die Dummheit des Zeitalters auf die Bühne zu stellen.» Ja, manchmal kann er auch ganz ernst. Zum Beispiel, wenn er im Interview der «NZZ am Sonntag» zu Patti Basler sagt: «Geht es dir nicht auch so, dass du meinst, extrem provokante Dinge geschrieben zu haben. Und dann führst du sie auf, und die Leute glucksen nur so zufrieden vor sich hin. Dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben, den Leuten weh zu tun.»
Oltner Kabarett-Tage
Mi, 3.5.–Sa, 13.5.
Preisverleihung
(anschliessend «Hader on Ice»)
Mi, 3.5., 20.00 Stadttheater Olten
Hader on Ice
Special-Guest-Abend mit Josef Hader und der Compagnia Baccalà
Do, 4.5., 20.00 Stadttheater Olten
Radio
Spezialprogramm: Salzburger Stier für Josef Hader
Mi, 10.5., 20.00 Radio SRF 1
Tipps für die Oltner Kabarett-Tage
Ein Herz für den Nachwuchs
Auf Nachwuchsförderung legt man in Olten viel Wert: Im Finale des Kabarett-Castings treten die Sieger von drei Vorausscheidungen gegeneinander an: Philip Wiederkehr, Julia Steiner und das Duo Piccolo. In der «Wunschfeder» kann man ebenfalls noch wenig bekannte Perlen entdecken, etwa den letztjährigen Casting-Sieger Andreas Iseli aus Burgdorf.
Kabarett-Casting: Di, 9.5., 20.00 Schwager Theater
Wunschfeder: Do, 11.5., 20.00 Schützi
Exklusiv und rasant
Der exklusiven Auftritte wegen fährt man gerne ans Festival. Dieses Jahr zum Beispiel zu Luise Kinseher, die als beschwipste «Famous Mary from Bavary» eine bayerische Urgewalt war, wenn sie über Gott und die Welt lallte. Jetzt sucht sie in «Wände streichen. Segel setzen» nach den Weiten der menschlichen Seele. Kurzfristig ins Programm genommen wurde der Schnellsprecher Berni Wagner. Für sein laufendes Programm «Galápagos» gewann er 2022 den Österreichischen Kabarettpreis.
Luise Kinseher: Sa, 6.5., 20.00 Stadttheater
Berni Wagner: Fr, 12.5., 20.00 Schwager Theater
Preisgekrönt
Zu den Highlights in Olten zählen die Auftritte von früheren «Cornichon»-Preisträgern. Zum Beispiel von Andreas Rebers, der sein brandneues Programm «Rein geschäftlich» mitbringt und der von sich selber sagt, dass er Kabarett der radikalen Mitte mache: «Mit dieser Haltung bekommen die Ränder immer ihr Fett weg – und das auf beiden Seiten.»
Fr, 5.5., 20.00 Stadttheater
Fokus Ostdeutschland
Der Schwerpunkt des diesjährigen Festivals ist den neuen Bundesländern gewidmet. Am traditionellen «Kabarett-Cocktail» gibts mit dem musikalischen Duo Schwarze Grütze und der als «Kanzlersouffleuse» bekannten Simone Solga gleich zwei Comedy-Leckerbissen aus Ostdeutschland exklusiv zu sehen.
Fr, 12.5., 20.00 Stadttheater