Wie klingt eine Felswand? Ein neues Video des Schweizer Filmemachers Ramòn Giger, mit dem er drei Songs des Trios Berg visualisiert, kann eine mögliche Antwort liefern. Viele Musik schaffende haben sich schon an Naturvertonungen versucht: seit dem 19. Jahrhundert mit romantischen Suiten und Sinfonien, später mit lüpfig verjazzten Improvisationen oder der Neuen Volksmusik. Manche sind gescheitert. Deshalb ist diese Spezialdisziplin des Musikschaffens noch immer offen für neue Beiträge.
Corin Curschellas und Noldi Alder sind mit dabei
Einen solchen Beitrag liefert nun das Trio Berg des Ostschweizer Pianisten Fabian M. Müller. In klassischer Trio Besetzung mit Kontrabass und Schlagzeug verfolgt er das Ziel, so unterschiedliche Musiksprachen wie Jazz und Volksmusik zu fusionieren. Das erste Album «Berg» mit dem Bassisten Kaspar von Grünigen und dem Schlagzeuger Øyvind Hegg Lunde erschien 2020.
«Damals haben wir traditionelle Lieder aus dem Appenzellerland, dem Simmental und dem norwegischen Borgund in neue Richtungen gelenkt», sagt Müller (41). Das neue Album «Schimmer» ist geografisch gebündelt, musikalisch aber reichhaltiger. An den Trommeln sitzt mit Emanuel Künzi nun ein zweiter Berner.
Vokale Verstärkung holte sich das Trio bei Corin Curschellas, der weltgewandten Singer-Songschreiberin aus Graubünden, und Noldi Alder, der die Appenzeller Volksmusik im Namen trägt, aber überraschend aufmischt. «Ich spielte mit Fabian am Alpentöne-Festival und mag seine Art der Improvisation», sagt Alder (71). Aufs Album seien zwar ausgeschriebene Kompositionen gekommen, präzisiert er. Aus denen seien aber «moosartige voralpine Landschaften und knorrige, fast unbegehbare Felsen» herauszuhören.
Solche Worte freuen Fabian M. Müller, der seine neue Berg-Musik auch aus dem Ambientsound der 90er-Jahre entwickelt. «In den Bergen habe ich Fieldrecordings gemacht, die wir in unsere Musik einflechten.»
Die Berge sind für Müller magische Orte
Für Müller sind das magische Soundtracks seiner Kindheit: «Ich bin im ausserrhodischen Heiden aufgewachsen. Und im Sommer waren wir oft auf der Alp meines Onkels in Graubünden. Diese Eindrücke haben mich geprägt, die Berge sind für mich magische Orte.» Als Jazzmusiker habe er sich zwar mit Traditionen befasst, aber spät erst bemerkt, wo seine eigentlichen musikalischen Wurzeln liegen.
Diese wolle er nun ausleben, erklärt Müller und hat damit auch Corin Curschellas (68) gewinnen können. «Ich freue mich, wieder einmal in einen Jazzkontext einzutauchen», sagt sie. «Und mir gefällt die ehrliche Kraft von Fabians Musik. Sie hat einen guten Flow und ist kompositorisch wie instrumental interessant.»
Die Verbindung aus ambientalen Klängen mit rumpelnden Rhythmen und verwehten Jazz harmonien erinnert an alpine Wanderungen. Das Video von Ramòn Giger kann visuelle Anleitungen bieten. Noch schöner ist es, mit geschlossenen Augen eigene Bilder zu finden.
Konzerte
Sa, 3.8., 20.00 Be Jazz Sommerfestival Bern (Albumtaufe)
Sa, 14.9., 20.15 Cinema Sil Plaz Ilanz GR
Fr, 27.9., 20.00 H95 – Raum für Kultur Basel
www.fmsounds.ch
Album
Fabian M. Müller & Berg
Schimmer
(Anuk 2024)