Ein Autodidakt als Hochschuldozent: Dieses Karrieremodell gibts wohl nur im Jazz und nicht einmal selten. Doch William Parker gilt als eines der absonderlichsten Beispiele. Der 1951 in New York geborene Musiker eignete sich in jungen Jahren durch intensives Zuhören stupende Fertigkeiten und Techniken an. Zudem spielte er möglichst oft und mit allen Musikern, von denen er sich Inspiration erhoffte.
Heute gilt Parker als Ikone von Free Music und Avantgarde, komponiert für Oper und Film, doziert an Unis und Konservatorien in den USA und Europa, schreibt musiktheoretische Bücher. Für das Kulturmagazin «Village Voice» in seiner Heimatstadt New York ist Parker schlicht «der brillanteste Freejazz-Bassist aller Zeiten».
Junge Kreativköpfe im Spiel mit den Altmeistern
Nun kommt er nach Bern, wo man sich mächtig freut. «Wir versprechen uns sehr viel von der Zusammenarbeit mit ihm», sagt Benedikt Reising von der Jazzwerkstatt Bern. Diese bringt seit 2006 vorab junge Kreativköpfe aus aller Welt zusammen mit dem Ziel, sich in Ad-hoc-Konstellationen auszutauschen und zu inspirieren. Mit den Jahren wurde den Festivalmachern klar, dass solches auch mit angejahrten und gestandenen Kollegen funktionieren kann. «Wir hatten schon den Schweizer Saxer Andy Scherrer hier oder US-Drummer Gerry Hemingway», sagt Reising. «Nun hat uns Kesivan Naidoo William Parker vermittelt.» Der südafrikanische Drummer Naidoo ist der Berner Werkstatt innig verbunden, lebt in New York und spielt dort mit William Parker.
Der heute 66-jährige Bassist wird in Bern zwei Auftritte bestreiten: Mit Naidoo, dem Berner Saxer Marc Stucki und dessen dänischer Instrumentalkollegin Mette Rasmussen spielt er als Small Band. Mit einer 14-köpfigen Auswahl der 90 anwesenden Musikschaffenden wird er ein Set als Large Ensemble einstudieren. Die Proben sind in Bern genauso wichtig wie die Konzerte, spielt man doch meist erstmals zusammen. Parker wird der Berner Jazz-Jungschar Inputs technischer wie konzeptueller und klangästhetischer Art geben können. Denn der Avantgardist ist seit jeher ein begeisterter Pädagoge, der etwa ausladend über die Kunst des Bogenstrichs dozieren kann. Im Gegensatz zu den meisten Jazz-Bassisten greift Parker oft zum Bogen – zuweilen gar zu zweien –, was ihm eine breitere Palette von Ausdrucksmöglichkeiten erlaube.
Die Legende in Bern neu entdecken
William Parker hat im Laufe seiner 45-jährigen Karriere in unzähligen Formationen gespielt, darunter mit Freejazz-Pianist Cecil Taylor, allen Exponenten der New Yorker Avantgarde, aber auch mit europäischen Tüftlern wie Saxer Peter Brötzmann oder Bassistin Joëlle Léandre. Er ist auf Hunderten von Alben zu hören, alleine 50 hat er als Leader eingespielt – von Solo über Quartettbesetzungen bis zu Grossformationen. In Bern wird er in zwei gänzlich neuartigen Konstellationen zu hören – und neu zu entdecken sein.
11. Jazzwerkstatt Bern
Mi, 28.2.–So, 4.3., Progr Bern
Konzerte William Parker
Do, 1.3., 21.15
Small Band
Sa, 3.3., 21.15
Large Ensemble
CD
William Parker Quartets
Meditation/Resurrection, 2 CDs (Aum Fidelity 2017)