Die Wolken hängen tief an diesem Sommermorgen, Janine Cathreins Haare sind noch nass vom Bad in der Limmat. In ihre drei freien Tage muss sie so viel Entspannung wie möglich packen. Dann wird sie der Tourbus durch halb Europa fahren, zu all den Fans, die vor den Bühnen auf ihre tiefe Stimme und die nachdenklichen Texte warten.
Die Musik war Cathrein immer eine treue Begleiterin. Mit sechs lernte sie Violine spielen, später in der Pfadi wurde ihr eine Gitarre in die Hände gedrückt. Noch im Gymi gründete sie mit ihren Geschwistern die Band Josh. Aus Josh wurde Black Sea Dahu, weil der Name einzigartig ist. Und vielleicht auch, weil das Dahu, ein Fabeltier aus den jurassischen Alpen, nur in eine Richtung gehen kann und die Frontfrau es ihm gleichtut – sie prescht stets vorwärts.
Ihre Songs sind Therapie – für sie selbst und andere
Black Sea Dahu haben sich ihren Erfolg erkämpft. Die Band war in den ersten Jahren konstant auf Tour, Pausen waren dazu da, um die nächste Tour und das Marketing zu organisieren. Vieles davon hat Cathrein allein gemacht. Es waren belastende Zeiten: «Du kommst in diesen Stress rein, und dann folgt die Überarbeitung. Und obwohl ich heute Arbeit abgeben kann, habe ich ständig das Gefühl vom ‹MüesseSchaffe›.»
Dabei ist die Musik ihr Ruhepol. Ihre Songs sind Therapie – für sie selbst und für andere. Das Musikbusiness hingegen ist kräftezehrend. «Es gehört mehr dazu als Musizieren. Ich kenne viele Künstlerinnen und Künstler, die das nicht mitmachen und sagen, ich bin Musikerin und nicht Social-Media- und TourManagerin. Ich mache es auf meine Art und will, dass meine Band und ich mit der Musik überleben können.» Ihre neuste EP «Orbit» handelt von diesem Druck, von Ängsten und Beziehungsgeflechten. Aber auch von Lichtblicken. Es ist Musik für Menschen mit Melancholie und Verletzlichkeit im Herzen.
Diese Schwere auch mal abzugeben, ist für die Sängerin schwierig. «Ich bin noch nicht gut im Loslassen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich sei eine Art Container für all den Schmerz. Es ist aber auch eine Kreativitätsressource.» Der Schmerz ist auch Hauptdarsteller in ihren Liebesliedern. Sie habe sich bis jetzt noch nicht getraut, über eine glückliche Liebe zu schreiben. «Zuneigung und Zärtlichkeit auszudrücken war mir lange ein Rätsel. Dennoch habe ich gute Menschen und viel Liebe in meinem Leben.»
Im nächsten halben Jahr wird sie diese Liebe wieder mit ihrem Publikum teilen können. Speziell freut sie sich auf die Konzerte in Zürich und Bern, wo sie von einem Streichquartett begleitet wird. «In meinem Kopf wird das wunderschön.» Jetzt geht sie aber erst mal meditieren – sie hat ja noch drei Tage Ferien.
Konzerte
Sa, 22.7., 17.00 Secret Garden Lenzerheide GR
So, 23.7., 18.00 Hotel Reine Victoria St. Moritz GR
Do., 27.7., 20.00 KKL Luzern
Do, 3.8., 17.00 Mühle Hunziken Rubigen BE
www.blackseadahu.com
Janine Cathreins Kulturtipps
Buch - Elif Shafak: Ehre (Kein & Aber 2015)
«Seit ich Elif Shafak entdeckt habe, zieht sie mich mit ihren Geschichten und ihrer wahnsinnig präzisen und humorvollen Sprache in ihren Bann.»
Festival - Pfadi Folks Festival, Weinfelden TG
«Neben tollen Acts wie Mnevis gibt es am Pfadi-Festival auch ein Surf-Rodeo, Morgenyoga und ein Siebdruck-Atelier.» Fr, 1.9.–So, 3.9.
Song - Angel: Little Simz
«Vor ein paar Tagen war ich um 8 Uhr auf dem Lastenfahrrad (120 Kilo ohne Akku – ei, war das schwer) unterwegs auf meiner Foodsaving-Tour. Diesen Song habe ich rauf und runter gespielt, und obwohl ich todmüde war, war ich einfach nur happy. Die Sprachgewandtheit von Little Simz beeindruckt mich.»