Selbst wenn die Hauptfigur ein verwöhntes Girl war: Diese Art von Erwachsenwerden sei niemandem gewünscht. Sommer 2004, Sherbourne Drive, Los Angeles: Die 27-jährige Alissa realisiert, welche Veränderung die Geburt ihres Kindes bedeutet – Erschöpfung, Zweifel, Überforderung. Sie flüchtet sich in ziellose Autofahrten, die Tochter auf dem Rücksitz. Weil sie keine Alternative hat, kehrt sie stets zurück – und stellt fest, dass sich zwar ihr Umfeld verändert hat, aber nicht ihre Verzweiflung. Das Leben läuft an ihr vorbei: Ihre Stelle wird anderweitig besetzt, ihre Mutter verliebt sich neu, ihr Vater verkauft das Elternhaus. Und ihr Gatte entfremdet sich zusehends, fasziniert vom Heldentum eines Kriegsrückkehrers.
Zum Thema «postnatale Depression» gibt es zahlreiche Bücher, selten aber wurde es derart eindringlich beschrieben. An diese Intensität reicht lediglich noch der Film «Das Fremde in mir» (D 2008) heran.
Die genauen Beobachtungen und die einfühlsamen Stimmungsbilder zeichnen diesen Roman aus. Handlungen, Gedankengänge und Monologe fügen sich nahtlos ineinander. Geschickte Kontrastierungen (innere und äussere Verletzungen) sowie das Wechselspiel von Zorn, Trauer, Rivalität und Spott erzeugen eine eigene Dynamik.
Gleichzeitig offenbaren sie das Ausmass der seelischen Erschütterungen. Der Umschlagtext verkündet, dass das Paar aus einem Dornröschenschlaf gerissen wird. Der Vergleich hinkt: Weder hat eine böse Fee gezaubert, noch können die zwei an dem Punkt anknüpfen, wo sie erstarrt sind. Sie werden vom Strudel der Ereignisse überrollt.
Pascale Kramer erhielt für ihr erstmals ins Deutsche übersetzte Werk zahlreiche Auszeichnungen.
Lesung
Sa, 26.10., 17.00 BuchBasel
Pascale Kramer
«Die unerbittliche Brutalität des Erwachens»
Übersetzt von Andrea Spingler
180 Seiten
(Rotpunkt 2013).