kulturtipp: Wie gefiel Ihnen die Reise ins letzte Jahrhundert?
Sabine Dahinden: Es war für mich sehr inspirierend, mich mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zu befassen, dem gewaltigen Umbruch, der damals passierte. Erfreulich ist, dass uns das Publikum auf dieser Reise in die Vergangenheit sehr zahlreich gefolgt ist.
In der Belle Epoque war nicht alles so schön, wie der Name sagt. Wurde die damalige Zeit bei SRF zu harmlos dargestellt?
Diese Einschätzung teile ich überhaupt nicht. In meiner Sendung «Dahinden anno 1914» haben wir regelmässig mit Archiv-Aufnahmen gezeigt, dass «die gute alte Zeit» eben keine schöne Zeit war. Auch bei «anno 1914 – Die Fabrik» waren die Schwierigkeiten unserer Vorfahren ein Thema. Mit «anno 1914 – Der 1. Weltkrieg und die Folgen» haben meine Kolleginnen und Kollegen von SRF Kultur zudem die Gräuel des Krieges aufgezeigt und gingen der Frage nach, wie sich Politik, Gesellschaft, Kultur und die Biografien der Menschen nach 1914 veränderten.
Es wurde kritisiert, dass bei «anno 1914 – Die Fabrik» zu viele Fehler passiert seien.
Die Kritik, die Sie erwähnen, stand zwar in einer Zeitung, beim Publikum aber stiess auch diese Sendung, die von meinen Kollegen von «Schweiz aktuell» produziert wurde, auf viele begeisterte Reaktionen. Wir haben immer betont, dass wir zwar authentisch sein wollen, aber dass das nicht bis ins letzte Detail möglich ist. SRF konnte nicht ganze Strassen und Häuser umbauen, um die exakten Verhältnisse von 1914 herzustellen. Aber die Spielanlage ist beim Publikum auf grossen Anklang gestossen: In der Fabrik erleben Laien von heute mit Hilfe von Schauspielern den Alltag von damals, ohne sich verstellen zu müssen.
Was glauben Sie, sind wir heute – 100 Jahre später – in gewissem Sinne gleich weit?
Auch wir leben wohl in einer Zeit, in der Sicherheiten zerbröseln. Die Euphorie nach dem Zweiten Weltkrieg («Nie mehr Krieg!») wurde in den vergangenen Jahrzehnten durch neue Kriege, Terroranschläge und Wirtschaftskrisen gedämpft. Damit muss unsere Generation nun bestmöglich zurechtkommen.
Und welche Projekte stehen für 2015 an?
Das nächste grössere Projekt, das ich anpacken darf, ist die Suche nach den «Helden des Alltags». Radio SRF 1 und «Schweiz aktuell» suchen Anfang 2015 wieder Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich engagieren. Die versteckten Helden der Schweiz sollen für ihren Einsatz belohnt werden.
(Das Interview wurde schriftlich geführt)