Anwalt, Politiker oder doch Schauspieler? Für Yannick Weber ist die Zukunft noch eine Wundertüte. Zurzeit tanzt er auf allen Hochzeiten gleichzeitig, wie er erzählt. In der Primarschule hat er eine Klasse übersprungen, seit einem Jahr studiert er Rechtswissenschaften. Zudem ist er im Europäischen Jugendparlament Schweiz und anderen Institutionen aktiv, spielt Schlagzeug und steht seit der Kindheit vor der Kamera oder auf der Bühne. Im Schauspielhaus Zürich hat er sich etwa im Shakespeare-Klassiker «Macbeth» in der Rolle von Macduffs Sohn umbringen lassen. «Das war cool», sagt der 18-Jährige und grinst.
Herausfordernde Rolle
Nun hat der clevere Zürcher im Theater Kanton Zürich die Hauptrolle im Stück «Supergute Tage» nach dem Erfolgsroman von Mark Haddon ergattert. Seine bisher grösste und herausfordernste Rolle. Denn der 15-jährige Romanheld Christopher hat das Asperger-Syndrom und lebt in seiner eigenen Welt: In gewissen Bereichen ist er hochbegabt und kann aus dem Stegreif komplexe Mathe-Aufgaben lösen. Fremde Menschen und Unvorhergesehenes versetzen ihn jedoch in Panik. Wie andere Menschen funktionieren, ist ihm ein Rätsel.
Eine solche ambivalente Figur zu spielen, hat Yannick Weber gereizt. «Vieles von dem, was Christopher spürt, sind ja Gefühle, die wir alle kennen – allerdings in einem anderen Kontext. Während er auf einem überfüllten Bahnhof Angst bekommt, fühlen wir uns in anderen Situationen bedrängt.» In seiner Darstellung des 15-Jährigen wolle er auf die eigenen Erfahrungen aus anderen Kontexten zurückgreifen, sagt der junge Schauspieler.
Die Theatertruppe rund um Regisseurin Barbara-David Brüesch hat sich mit diversen Materialien zum Thema Autismus auf das Stück vorbereitet. Besonders beeindruckt haben Weber die Kinderbücher, die jungen Autisten erklären, wie die Welt funktioniert, etwa, warum die Menschen weinen oder sich küssen. Manche Charakterzüge von Christopher sind ihm nicht ganz fremd: «Ich kann zum Beispiel ganz schön ätzend werden, wenn mir etwas nicht passt – auch wenn ich mich dann nicht wie Christopher schreiend auf den Boden werfe.»
Mutiger Ausbruch
Der Romanheld wird aus seinem gewohnten Leben gerissen, als er seinen Lieblingshund – von einer Mistgabel aufgespiesst – in Nachbars Garten entdeckt. Nach dem ersten Schock macht er sich auf die Suche nach dem Pudelmörder und bricht immer mehr aus seinem festen Gefüge aus. Der Autor beschreibt die «sonderbare Welt» seines Protagonisten mit viel Feingefühl und Humor. Diese Sensibilität geht auch im Stück von Simon Stephens nicht verloren. Die Inszenierung fokussiere sich auf das Familiendrama, et-wa Christophers Beziehung zum alleinerziehenden Vater (Pit Arne Pietz), verrät der Schauspieler. Aber auch Christophers innere Welten werden mit verschiedenen theatralischen Mitteln auf der Bühne umgesetzt.
Yannick Weber freut sich auf seinen grossen Auftritt – und darauf, welche Rollen ihm die Zukunft noch bringt. Zu den spannendsten Schauspielern gehört für ihn Benedict Cumberbatch in der Rolle des soziopathisch veranlagten «Sherlock». «Diesen Detektiv mit seiner ganz eigenen Logik würde übrigens auch Christopher mögen.»
Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone
Premiere: Di, 21.10., 19.30 Theater Winterthur
Aufführungen im Kurtheater Baden AG und Theater Rigiblick Zürich: www.theaterkantonzuerich.ch