Rückblenden ins Jahr 1989 zeigen die Protagonisten als 13-jährige Schüler in der DDR, die rote Krawatte der Jungen Pioniere um den Hals. Hauptfigur Dani rezitiert brav ein Gedicht zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Die Lehrer warnen die Kinder vor den «Ruhestörern und Krawallbrüdern», die im Moment auf der Strasse gegen das System demonstrieren.
Aber schon ist die Wende da. In der ersten Hälfte der 1990er-Jahre sind fünf junge Freunde drei, vier Jahre älter und viel unterwegs. Sie leben im Rausch; vor allem dank – meist gestohlenem – Bier. Auch die Spritzfahrten mit «ausgeliehenen» Autos durch das nächtliche Leipzig beflügeln die Clique. Dazwischen wird vandalisiert, immer wieder mal landen sie auf der Polizeiwache.
Unbeschwert wild
Die fünf sind nicht bösartig, vielmehr unbeschwert wild und hungrig auf ein anderes Leben, das ihnen die Wende ermöglicht. Sie sind voller Träume und Sehnsüchte. Aber eben: Der Rausch ist tückisch, auf ihn folgt unweigerlich der Kater. Hoffnung schlägt in Verzweiflung um, Illusionen zerbrechen an der Wirklichkeit, Lebenslust kann im schlimmsten Fall im Drogentod enden. Die Liebe, sie erfüllt sich nicht.
Der alten Dame in der Nachbarschaft tragen sie zwar brav die Kohle aus dem Keller in die Wohnung. Als Dank bekommen sie Grog, klauen ihr aber gleichzeitig auch ein bisschen Geld. Probleme gibts mit den Neonazis. Die schlagen brutal zu oder zerstören den illegalen Techno-Club, den die Clique draussen in der Industriebrache mit Erfolg betreibt.
Regisseur Andreas Dresen, selber in der DDR aufgewachsen, schätzt das Ideologiefreie in «Als wir träumten». Es sei eine Wende-Geschichte, die ohne Stasi-Vergangenheitsbewältigung oder sonstige politische Aufarbeitung auskomme. Dafür: «Mit den riesigen Möglichkeiten dieser Tage, der ungeheuren Kraft von Anarchie, haben wir uns viel zu wenig beschäftigt.» Dies ist der Stoff der Romanvorlage.
Universeller Stoff
Bereits zum dritten Mal arbeitet Dresen mit dem 1931 geborenen Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase zusammen. Die DDR-Filmlegende (Buch zum Kultfilm «Solo Sunny») sieht in «Als wir träumten» einen universellen Stoff: «Junge Leute werden erwachsen und die Revolte ist die angemessene Haltung für dieses Alter». Das kriege «eine besondere Farbe, weil das in den Jahren 1989 stattfand, wo alles sich geändert hatte». Dieses Sujet interessierte den altgedienten Drehbuchautor – «auf die Zeit in diesem Zusammenhang zu blicken».
Bei der Besetzung der Clique bewies Andreas Dresen eine glückliche Hand. Die Schauspieler Merlin Rose, Julius Nitschkoff, der Zürcher Joel Basman, Marcel Heuperman und Frederic Haselon sind allesamt älter als ihre Filmfiguren, spielen die Jugendlichen aber glaubwürdig, ohne aufgesetzt oder gekünstelt zu wirken.
Das Kunststück ist gelungen, aus einem 500-seitigen Roman zwei stimmige Kinostunden zu formen. Ton und Stimmung, wesentliche Bestandteile des Buches, sind im Film gut getroffen. Und Tempo hat er auch.
Als wir träumten
Regie: Andreas Dresen
Ab Do, 2.4., im Kino