Gabriel Klein ist Rabbiner und zuständig für die Seelsorge in der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich. Seine Frau Rivka aber nennt ihn «meinen Chief Inspector». Denn Klein hat einen Riecher für Vorkommnisse krimineller Art, die er aufzuklären trachtet. Sein literarischer Vater ist Alfred Bodenheimer, auch er eine Art Fremdgänger. An sich Professor an der Universität Basel, hat er vier Rabbi-Klein-Bücher geschrieben, die zur erfolgreichen Krimi-Serie gewachsen sind.
Show-Moderator stirbt in den Armen des Rabbiners
Ein gefundener Stoff für Radio SRF, das seit 2017 Krimis mit Lokalkolorit als Hörspiele adaptiert. Als erster dieser «SRF-Radiokrimis» ging Bodenheimers Debüt «Kains Opfer» über den Sender. Nun folgt «Ihr sollt den Fremden lieben», wiederum in der Bearbeitung von Buschi Luginbühl. Dass er nach Rabbi Kleins erstem Fall («Kains Opfer» erschien 2014 als Buch) nun gleich zum vierten von 2017 springt, hat für den langjährigen Hörspielmacher einen handwerklichen Grund. «Die Romane zwei und drei bieten zu wenig für Radiodialoge», sagt er.
Zusammengehalten wird «Ihr sollt den Fremden lieben» von Erzähler Thomas Sarbacher. Dazwischen aber wimmelt es von Figuren, die das Geschehen radiotauglich wiedergeben. Bodenheimer erzählt eine verästelte Geschichte: Rabbi Klein, der den Lesenden und Hörenden ansonsten die Welt von in Zürich lebenden Juden näherbringt, bekommt es dieses Mal mit katholischen Klosterschülern und einem muslimischen Familienclan zu tun.
Nach seiner Teilnahme an der TV-Show «Weisch no» findet Klein den Show-Moderator Kim Nufener in einer Blutlache auf dem Parkplatz. Nufener stirbt in Kleins Armen, womit sich der Rabbi auf dramatische Weise inmitten eines neuen Falls weiss. Seine Recherchen führen ihn zu Nufeners Ex-Geliebtem Lejser Morgenroth, zur türkischstämmigen TV-Produzentin Nilüfer Demirtok und zum katholischen Seminarlehrer Johannes Betschart.
Ein Plot mit brisanten gesellschaftlichen Fragen
Bodenheimer greift brisante Themen auf: Homosexualität im Judentum, extremistische Auswüchse der Familienehre im Islam oder Pädophilie im katholischen Internat. Diese verknüpft er zu einer unterhaltsamen Geschichte mit Lokalkolorit. Rabbi Klein bewegt sich zwischen dem SRF-Studio in Zürich Oerlikon, Luzern und Grindelwald.
Man ist hörbar in der Schweiz, Helvetismen fallen. Warum also hat Luginbühl nicht gleich zur Mundart gewechselt? «Das Hörspiel wird auch auf SRF 2 Kultur gesendet», erklärt er. «Und ‹Kains Opfer› übernahm damals auch der Südwestrundfunk SWR.» Die Hauptrollen sind wie in «Kains Opfer» besetzt: Als leicht grummeligen Rabbi hört man Hanspeter Müller-Drossaart, seine Frau Rivka spricht Noëmi Gradwohl, den Part der Kommissarin Karin Bänziger übernimmt die Berlinerin Julia Jentsch. Sie war beim geplanten Aufnahmetermin wegen eines Films verhindert. «Da sie Dialoge nur mit Müller-Drossaart hat, konnten wir die beiden separat aufnehmen», sagt Luginbühl.
Im Herbst erscheint Rabbi Kleins fünfter Fall: «Im Tal der Gebeine».
Ihr sollt den Fremden lieben
Von Alfred Bodenheimer
Hörspielbearbeitung/Regie: Buschi Luginbühl; 3 Teile:
Mo, 11.6./18.6./25.6., 14.06
Radio SRF 1