«Dä Fall hät jo meh Personal als ‹Game Of Thrones›!» Das ruft Miranda (Dimitri Stapfer) einmal verzweifelt aus. Natürlich übertreibt die affektierte Dame, die einst ein Herr war. So figurenmässig unübersichtlich wie in der Fantasy-Serie ist Sunil Manns Hörspiel «Familienpoker» nicht. Aber der Fall erweist sich als verzwickt. Am Anfang tritt die 16-jährige Noemi (Anouk Petri) an Vijay Kumar (Leonardo Nigro) heran. Er soll ihre wahren Eltern finden. Wurde sie adoptiert? – «Nein, gekauft!», antwortet sie ihm.
«Einer meiner Lieblingsromane»
Vijay Kumar ermittelt diesmal zum Thema Kinderhandel. Es geht von Zürich nach Madrid und zurück in die Schweiz, ins Berner Oberland hinauf. Er trifft auf rabiate Ordensschwestern in Spanien, begegnet einem tot geglaubten bösen Täter-Arzt, flüchtet vor Drogendealern ...
Nach «Schattenschnitt» von 2020 wurde nun zum zweiten Mal aus einem Kumar-Roman ein Hörspiel. Wieso denn gerade «Familienpoker» von 2013? «Es war schon immer einer meiner Lieblingsromane», erklärt Autor Sunil Mann (49) im Gespräch mit dem kulturtipp. Es sei ja schon ein paar Jahre her, da habe er gedacht: «Vielleicht kann man da noch ein paar Sachen verbessern bei einem zweiten Anlauf.» Er hat also auf einen bestehenden Stoff zurückgegriffen, als er für ein Hörspiel angefragt wurde, auch weil er schlicht nicht die Zeit gehabt habe, sich eine neue Geschichte auszudenken. Sunil Mann hat den Text gestrafft, einige Neuerungen eingebaut und alles in Dialogform geschrieben, in Mundart, notabene. Der Text wurde dann gemeinsam mit Regisseurin Karin Berri zur fertigen Fassung geformt.
Ein ernstes Thema und turbulente Komik
Sunil Mann ist «mega happy» mit dem Resultat. Er verrät, dass man sich bei der Produktion nicht sklavisch an die Textvorlage gehalten habe. Vor allem Dimitri Stapfer als Transmensch Miranda und beste Freundin von Vijay brilliert mit improvisiert-spontanen Dialog-Zeilen.
Die SRF-Produktion wartet mit einem ernsten Thema auf, das turbulente Komik birgt und mit Rasanz angerichtet ist: ein kurzweiliges und spannendes, zweistündiges Hörspielvergnügen.
Bestsellerautor Sunil Mann hat sich nach seinen Kumar-Geschichten einer weiteren Romanreihe zugewandt, bei der das Ermittlerpaar Marisa Greco und Bashir Berisha im Zentrum steht. Ende Mai erscheint der dritte Band – mit dem Titel «Der Kalmar». Und Kumar? Hat er ausgedient, macht er Pause? Sunil Mann erklärt, dass er nach sieben Romanen mit der biografisch grundierten Figur Vijay tatsächlich eine Pause gebraucht habe. Aber er hat gemerkt: «Kumar lässt mich nicht in Ruhe, ich werde ihn nicht mehr los.» Er spiele schon mit dem Gedanken, einen achten Band zu schreiben. «Nach den Jahren seit dem letzten Band wäre es eine Gelegenheit, die Welt, die sich verändert hat, neu zu kommentieren.»
Familienpoker (1–4/4)
Regie: Karin Berri
Mo 7.3./14.3./21.3./28.3.
Jeweils 14.06 SRF 1
Lesungen und Buchvernissage
www.sunilmann.ch