Hörspiel - Geschichten über Grenzen hinweg
SRF und SWR spannen für die Hörspiel-Reihe «Grenzfälle» zusammen. Entstanden sind in der Gemeinschaftsaktion länderübergreifende Eigenproduktionen – komisch bis märchenhaft.
Inhalt
Kulturtipp 09/2012
Urs Hangartner
Die erste der neuen Eigenproduktionen erzählt von einer trinationalen Angelegenheit: In «Der Pirat vom Bodensee» von Daniel Goetsch will ein Krisenstab aus dem Thurgau, Baden-Württemberg und Voralberg Licht ins Dunkel eines seltsamen «Grenzfalls» bringen, der sich auf dem Bodensee – auf wessen Hoheitsgebiet? – abspielt. Ein Mann auf einem Floss, der die Piratenflagge gehisst hat, sorgt für Aufregung. Ist es eine politische Aktion? Ist es...
Die erste der neuen Eigenproduktionen erzählt von einer trinationalen Angelegenheit: In «Der Pirat vom Bodensee» von Daniel Goetsch will ein Krisenstab aus dem Thurgau, Baden-Württemberg und Voralberg Licht ins Dunkel eines seltsamen «Grenzfalls» bringen, der sich auf dem Bodensee – auf wessen Hoheitsgebiet? – abspielt. Ein Mann auf einem Floss, der die Piratenflagge gehisst hat, sorgt für Aufregung. Ist es eine politische Aktion? Ist es ein gefährlicher Spinner? Wilde Spekulationen schiessen ins Kraut, die Medienmeute stachelt alles noch an (allen voran das lokale «Bodensee TV» mit der aufgekratzten Videojournalistin). Bis sich schliesslich alles klärt: «Die Gefahr ist gebannt. Der See gehört wieder uns allen.» Der Bodensee, «ein schwarzes Loch im Schengenraum».
«Die wundersame Reise des Roman Horn» des schweizerisch-österreichischen Autorenteams Andreas Sauter und Bernhard Studlar spielt, der Titel tönt es bereits an, in Romanshorn. Der Held ist Taxifahrer, dem sich in der Waschstrasse plötzlich die Identitätsfrage stellt. Horn will «das wahre Ich» und zu sich selber finden. In einer fantastischen Unter-Wasser-Szene auf dem Grund des Bodensees fangen nicht nur Seejungfrauen an zu locken; auch Horns Körperteile sprechen zu ihm. Schliesslich gilt «Jeder von uns ist viele» als Devise. Der Vater fischt seinen Sohn Roman zu guter Letzt mit Wurstbrot als Köder aus dem Nass.
Die Feriendestination Teneriffa ist der Ort, wo sich die Schweiz und Deutschland begegnen. So die Ausgangslage in Simon Froehlings «Moi non plus». Ferienbekannte gründen bei nicht spannungsfreiem «Probewohnen» eine Patchwork-Familie in Zürich, gegen die Widerstände der pubertierenden Kinder. Auf der einen Seite die alleinerziehende Barbara und ihre aufbegehrende Tochter Amélie, auf der andern der deutsche Witwer Peter und sein schwuler Sohn Nathan. So weit, so schön. Doch eine unzulässige Grenzüberschreitung macht allen guten Plänen vom gemeinsamen Leben ein Ende.
Mundarten und Hochsprache der Grenzregion von Schaffhausen vermischen sich in «Nudelsonntag» von Ralf Schlatter. «Nudelsonntag» ist ein Tag, an dem die Deutschen Feiertag haben, in der Schweiz aber die Läden offen sind. Die Tradition will, dass dann die Deutschen in Schaffhausen Nudeln und Schokolade einkaufen gehen. Es geht um Kindheitserinnerungen des 80-jährigen Hans Leu, den zu Kriegszeiten eine Freundschaft mit dem Deutschen Wolfgang Eberle verband. Die nächste Generation weiss nichts von den Verbindungen aus alter Zeit, als sich zwischen zweien eine Liebesgeschichte anbahnt. Beim (Wieder-)Finden von familiären Strängen zwischen dem Gestern und dem Heute, zwischen Schaffhausen und Jestetten spielt eine polnische gute Fee keine geringe Rolle.