Im Wald wohnen die wilden Kerle, eine «verschworene Bande» von Brüdern, «sieben unterschiedlichste Männer» im Alter von 18 bis 25 Jahren. Sie haben nach dem Tod der Mutter den elterlichen Hof verlassen, verweigern sich den Zwängen von Gesellschaft, Obrigkeit und Kirche. Sie lernen weder lesen noch schreiben. «Nur Dummheiten haben sie in ihren Köpfen.»
So leben sie ihre persönliche Anarchie. Bis sie eines Tages erkennen, dass man auch eine Familie gründen und das Land bebauen, Wald, Ödland, Moor und Sumpf in eine blühende Landschaft verwandeln könnte.
Plaudereien in humorvollem Ton
Nach zehn Jahren werden die Brüder «von einem Paradies ins andere vertrieben». Die Erzählerstimme meint: «Ich weiss, wir Alten mit unseren Gesetzen machen die Jungen zu Rebellen.» Doch die Zeit und die Einsicht verwandeln die Wilden in Brave. Das Hörspiel hält gute Geschichten bereit, denn die schon gesitteten Brüder denken an damals: «Wenn die sieben Brüder sich erinnern, wie es früher war, entstehen immer andere, wohlbekannte Abenteuer.»
Auch köstliche Sentenzen mit Lebens- und Alltagsweisheiten fehlen nicht: «Jugend ohne Tugend macht weises, weisses Haar.» – «Ohne Fleisch ist auch der Glaube schwach.» – «Ein finnisches Haus ohne Sauna ist wie Weihnachten ohne Kerzen, Pfefferkuchen und Schinken im Ofen.»
Ausgiebig wird geplaudert und erlebt in einem humorvollen, derben Ton. Angestaubt ist der Stoff trotz all der Jahre nicht. Bei der Vorlage handelt es sich um den ersten Roman in Finnisch, das erst im Jahr 1863 offiziell als Landessprache anerkannt wurde. Heute kennt in Finnland jedes Kind den Roman, der 1870 erschien und als ein Hauptwerk der finnischen Literatur gilt.
Hörspiel-Autor Heinz Stalder erzählt, wie er die Idee hatte, dass man zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeit von Finnland am 6. Dezember «von der Schweiz aus etwas machen müsste». Er kam auf Aleksis Kivis Roman, reichte bei der Hörspielredaktion von Radio SRF ein Konzept ein und erhielt das Okay. Neu ist bei Heinz Stalder: Er hat den Romanautor Kivi im Hörspiel zum Erzähler und «Schöpfer» gemacht, der bei Bedarf mit seinen Figuren in Dialog tritt (Hanspeter Müller-Drossaart meistert die «Doppelrolle» bestens).
Heinz Stalder gibt zu: «Ich bin angewiesen auf jemand, der das Manuskript ‹hören› kann; das hilft fürs Schreiben sehr.» Hilfe fand er bei seiner Tochter Päivi, Hörspielredaktorin bei Radio SRF. Dass sie schliesslich die Regie des Stücks ihres Vaters übernahm, war übrigens nicht von Anfang an klar, aber es hat sich bestens bewährt. «Das war sehr befruchtend», so Autor Stalder.
Heinz Stalder ist selber ein halber Finne Er ist nicht nur seit mehr als 50 Jahren mit einer Finnin verheiratet: Seit 43 Jahren, so verrät er, lebt er über die Sommermonate in einem Kesämökki, einem Sommerhäuschen mitten in den Wäldern, abgelegen, ohne Strom und fliessendes Wasser – «Ich kam mir dauernd vor wie einer der sieben Brüder; eigentlich lebe ich das weiter, was ich geschrieben habe …»
Die sieben Brüder (1+2)
Von Heinz Stalder
Regie: Päivi Stalder
Musik: Elia Rediger, Tobias Preisig, Daniel Freitag
Fr, 1.12. & Fr, 8.12. Jeweils 20.03 Radio SRF 1