Ideal und Wirklichkeit
«Das Unaussprechliche muss zur Sprache kommen», schreibt Uwe Timm im neuen Roman «Ikarien». Einmal mehr betreibt der 77-Jährige damit Vergangenheitsbewältigung der literarischen Art. Sein Held Michael Hansen reist 1945 als US-Nachrichtenoffizier nach Deutschland, das sich im «Endkampf» befindet. Er soll die Rolle des Nazi-Euge­nikers Alfred ­Ploetz erkunden. Von dessen Studienfreund Wagner erfährt Hansen, dass Ploetz auf der Suche nach der «besten aller Gesellschaften» war. Als Studenten hätten sie das utopische Ikarien des französischen Autors Etienne Cabet idealisiert. In Hansen beginnen Fragen und Zweifel zu brodeln. Uwe Timm ist ein gewichtiges Buch von brennender Aktualität gelungen. Zeitgleich zum Roman erscheint das Hörbuch. Ulrich ­Noethen liest mit seiner unverkennbaren, fast stechend klaren und doch so warmen Stimme.

Uwe Timm 
Ikarien
11 CDs, 816 Minuten
(Random House Audio 2017).