Sogar der notorische Mozart-Hasser Glenn Gould bekannte, ein einziges Mal in seinem Leben habe er ein wirklich überzeugend gespieltes Mozart-Klavierkonzert gehört: In Paris mit Robert Casadesus. Der französische Pianist (1899–1972) ist heute kaum mehr bekannt. Darum ist es zu begrüssen, dass das Label Audite seine neue Serie mit historischen Live-Aufnahmen des Lucerne Festival gerade mit ihm als Solisten startet.
1957 spielte Casadesus in Luzern zwar kein Mozart-Werk, sondern Beethovens 5. Klavierkonzert. Aber man merkt trotz des hörbaren Alters der Aufnahme viel vom Ausnahmespiel Casadesus’. Stilbewusste Sachlichkeit prägt die Klanggebung ebenso wie die gewohnt sparsame Verwendung des Pedals. Läufe gelingen ihm agil und perlend, Transparenz kennzeichnet das fein differenzierte Klanggerüst. Dieses wird von den Wiener Philharmonikern unter Dimitri Mitropoulos manchmal zwar etwas aufgeraut, das dürfte aber der damaligen Aufnahmetechnik geschuldet sein.
Zwei Jahre später spielte Clara Haskil tatsächlich Mozart. Bei der Aufnahme des Klavierkonzerts in d-Moll wirkt der Orchesterpart voller, geschmeidiger, klarer. Mit Otto Klemperer stand ein Dirigent am Pult des Philharmonia Orchestra, der wie kein zweiter Kapellmeister des 20. Jahrhunderts auf Transparenz und Arbeit an Klangnuancen setzte. Man könnte sich für Solistin Clara Haskil (1895–1960) kein passenderes Gegenüber vorstellen: Die legendäre Grossmeisterin des klaren, lebhaften und zugleich tiefenentspannten Musizierens kommt hier so schön wie auf kaum einer anderen (Live-)Aufnahme zur Geltung.
Fritz Trümpi
CD
Lucerne Festival – Historic Performances.
Vol. I
Clara Haskil/Robert Casadesus (Audite 2013).
Festival
75. Lucerne Festival
Fr, 16.8.–So, 15.9.
KKL Luzern
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