kulturtipp: Frau Ungerer, Sie möchten das Senderprofil von Radio SRF 1 verjüngen. Das ist nicht sehr originell, alle wollen das.
Heidi Ungerer: Wir möchten mit dieser Kampagne ein neues Publikum erreichen, Leute gewinnen, die uns bisher nicht entdeckt haben, und zugleich unser Stammpublikum bedienen. Wir werden zum Teil immer noch als Radio Beromünster wahrgenommen, als etwas ältlich und verstaubt, obwohl wir uns stark verändert haben.
Sind nun Ihre Kollegen von Radio SRF 3 und Virus putzig auf Sie, weil Sie Ihnen Hörer wegnehmen?
Nein, denn wenn wir das richtig machen, nehmen wir ihnen nichts weg. Wir wollen gar nicht so jung sein wie Virus …
… diese Hörer sind nicht jung, die sind im Schnitt über 30 Jahre alt …
Wir zielen auf 50 plus. Und da überschneiden wir uns marginal mit Radio SRF 3. Die Idee ist auch, dass sich ältere Hörer, denen das SRF-3-Angebot nicht mehr entspricht, weg vom 3 zu uns hin entwickeln, aber das braucht Zeit.
Man hört ja kaum mehr einen Unterschied zwischen SRF 1 und SRF 3.
Diesen Unterschied höre ich schon, Radio SRF 1 liefert mehr Hintergründe und mehr Analysen mit längeren Wortbeiträgen. Hintergrundsendungen wie «Echo der Zeit», «Forum» oder «Treffpunkt» gibt es auf Radio SRF 3 nicht. Auch die Tonalität der Moderation der beiden Stationen ist anders. Und das Musikprofil ist sehr unterschiedlich.
Nein, die musikalischen Unterschiede sind zum Teil marginal.
Die einzelnen Sender sind klar positioniert – auch musikalisch. SRF 1 präsentiert grosse Hits aus den letzten Dekaden und Neuheiten aus den Bereichen Pop, Chansons und Canzoni. SRF 3 ist der nationale Pop- und Rocksender und spielt vorwiegend aktuelle Songs. Wir hören offenbar zwei verschiedene Programme.
Oder wir haben andere Ohren.
Möglicherweise.
Radio SRF 1 hat nicht ein zu altes Profil, sondern überhaupt keines. Da sind politische und kulturelle Sendungen, Unterhaltungsprogramme, Diskussionen und vieles mehr zu hören. Alles wird auf diesen Sender gepflastert.
Wir haben heute ein klares Profil und vermitteln als wichtiger Service-public-Kanal News, Hintergründe, Service und Unterhaltung. Wir haben uns formal der heutigen Zeit angepasst. Die Beiträge sind kürzer geworden. Die Musik hat sich weiterentwickelt.
Dieses Programm ist eine Wundertüte.
Das ist ja positiv. Wir wollen überraschend sein mit einem Mix aus Politik, Kultur und Unterhaltung. Das muss alles auf die Interessen unseres breiten Publikums ausgerichtet sein. Es ist nicht einfach, diese unterschiedlichen Interessen mit einem Generalistenprogramm abzudecken.
Warum eine teure Kampagne? Würde das Geld nicht besser ins Programm investiert?
Die Kampagne findet zu einem Grossteil auf unseren eigenen Kanälen statt. Die Werbung in externen Medien basiert grösstenteils auf Gegengeschäften ohne Geldfluss.