Stan Douglas arbeitet mit imposanten Formaten. Für seine Videoinstallation «The Secret Agent» hängt der kanadische Künstler sechs grosse Leinwände in verdunkelte Museumssäle. Er adaptiert den gleichnamigen Spionageroman des britischen Autors Joseph Conrad, indem er verschiedene Bildsprachen des Kinos zitiert, dessen Produktionsbedingungen hinterfragt und Wirkungsmechanismen wie etwa Starkult persifliert. Damit bringt Douglas (56) das Thema der neuen Ausstellung im Aargauer Kunsthaus auf den Punkt. «Cinéma mon amour» widmet sich der Rolle des Kinos in der bildenden Kunst.
Die Wechselwirkung von bemalten und bespielten Leinwänden ist freilich seit der Erfindung der «laufenden Bilder» im 19. Jahrhundert eine intensive. Folglich gab es auch bereits zahlreiche Ausstellungen zum Thema, wie Madeleine Schuppli, Direktorin des Aargauer Kunsthauses, sagt. Doch sie betont: «Das Besondere an unserem Projekt ist die doppelte Sicht.»
Die Sicht von Kunst- und Filmschaffenden
Zum Auftakt wird die Aarauer Schau nämlich um «Art mon amour» ergänzt, eine Spezialreihe an den Solothurner Filmtagen. «Beleuchten wir in Aarau die Sicht der Kunstschaffenden, ist in Solothurn die Sicht der Filmschaffenden zu sehen», sagt Schuppli. Die Zusammenarbeit wurde vom Kunstmuseum initiiert, das immer wieder medienübergreifend arbeitet. «Wir befanden uns in regelmässigem Austausch mit Seraina Rohrer, Direktorin der Solothurner Filmtage, und Jenny Billeter, Kuratorin der Filmreihe», erklärt Schuppli. So sei es zu direkten inhaltlichen Bezügen gekommen wie bei Pierre Bismuth, der mit seinen Arbeiten an beiden Orten gastiert. In Aarau ist sein «Jungle Book Project» von 2002 zu sehen, in Solothurn sein brandneuer Detektivthriller «Where Is Rocky II?». «Bismuth ist einer der wenigen bildenden Künstler, die einen Oscar gewannen», sagt Madeleine Schuppli. Der Franzose wird an der Vernissage anwesend sein und seinen Film persönlich vorstellen. Die Vernissage übrigens führen Kunsthaus und Filmtage gemeinsam durch – wie auch zahlreiche Rahmenveranstaltungen: Podien, Diskussionen und Führungen, zu denen sich Angaben auf den beiden Websites finden.
Malerei, Installationen und Fotoarbeiten
Die 26 gezeigten Arbeiten im Aargauer Kunsthaus decken alle Aspekte bildendender Kunst ab, von Malerei über Objekte bis zu Installationen. Zudem Fotoarbeiten wie die Serie «Crying Men» von Sam Taylor-Johnson. Die britische Künstlerin hat dafür bekannte Filmstars, aber auch Nachwuchsschauspieler gebeten, auf Kommando zu weinen. Mit ihren Fotos schafft sie einen hintersinnig witzigen Kommentar zur Traumfabrik Hollywood.
«For Six Days Only» nennt Samson Kambalu eine Videoarbeit, die er eigens für die Ausstellung konzipiert hat. Es sind 12 Kurzfilme, die im Herbst in Aarau entstanden sind, aber einen Bezug zu Kambalus Heimat Malawi haben und zugleich zur stummen Frühzeit des Kinos. Wie komplex verzahnt das Themenpaar Kunst und Kino ist, macht eine begleitende Publikation deutlich, die den Rahmen des üblichen Kataloges sprengt. Zahlreiche Beiträge zeigen weiter gehende Zugänge auf wie Kinoarchitektur, Fankultur oder die Kunst gelungener Schlussszenen.
Buch
Cinéma mon amour.
Kino in der Kunst.
Film in Art
224 Seiten
(Scheidegger & Spiess 2017).
Radio
So, 22.1., 13.30
SRF 2 Kultur
«Kontext»
Ausstellung
Cinéma mon amour.
Kino in der Kunst
So, 22.1.–Mo, 17.4.
Aargauer Kunsthaus Aarau
www.aargauerkunsthaus.ch
FILM
Kunst auf der Leinwand
Ergänzend zur Ausstellung im Aargauer Kunsthaus widmen die Solothurner Filmtage ihr Fokus-Programm dem Thema «Kunst im Film».
Grossohrig lauscht er seit Jahrzehnten dem Weltgeschehen und bildet es in eigenwilligen Installationen ab. Über den Düsseldorfer Konzeptkünstler Hans-Peter Feldmann (75) hat die erfolgreiche Dokfilmerin Corinna Belz («Gerhard Richter – Painting») soeben das kunstvolle Porträt «Kunst keine Kunst» fertiggestellt. In Solothurn ist es in der Fokus-Reihe «Art mon amour» zu sehen, die zehn ausgewählte Produktionen zum Thema Kunst im Film zeigt. Nebst weiteren Porträts und Biopics – etwa über die New Yorkerin Eva Hesse, den deutsch-schweizerischen Bildhauer Hans Josephson oder die österreichische Malerin Maria Lassnig – sind Dokumentationen zum Kunstbetrieb zu sehen. In «Muito romântico» geht das deutsch-brasiliani-sche Künstlerpaar Melissa Dullius und Gustavo Jahn auf eine fantastische Reise. Die drei Schweizer Jacob Berger, Frédéric und Samuel Guillaume feiern Weltpremiere ihres animierten Kurzfilmes «Ceci n’est pas un tableau». Der französische Künstler Pierre Bismuth zeigt seinen Detektivthriller «Where Is Rocky II?»
Art mon amour. Kunst im Film
Bis Do, 26.1.
Solothurner Filmtage
www.solothurnerfilmtage.ch