Grégoire Hervier: Geheimnisvolle Saiten
Rasant komponiert erzählt der französische Autor Grégoire Hervier im Roman «Vintage» eine
ungewöhnliche Musikgeschichte.
Inhalt
Kulturtipp 24/2017
Letzte Aktualisierung:
14.11.2017
Renata Schmid
Vielleicht vermessen zu behaupten, die Gibson sei unter den Gitarren das, was Stradivari unter den Geigen. Aber Heerscharen bekannter Rock- und Jazzmusiker bedienten sich dieses elektronischen Instruments, darunter B.B. King, Eric Clapton oder AC/DC-Gitarrist Angus Young. Seit den 1930ern entwickelte der US-Hersteller Gibson das Instrument stetig weiter, unzählige Modelle eroberten den Markt.
In diese Welt von Blues, Rock und elektronischer Gitarrenmusik taucht der 1977 ge...
Vielleicht vermessen zu behaupten, die Gibson sei unter den Gitarren das, was Stradivari unter den Geigen. Aber Heerscharen bekannter Rock- und Jazzmusiker bedienten sich dieses elektronischen Instruments, darunter B.B. King, Eric Clapton oder AC/DC-Gitarrist Angus Young. Seit den 1930ern entwickelte der US-Hersteller Gibson das Instrument stetig weiter, unzählige Modelle eroberten den Markt.
In diese Welt von Blues, Rock und elektronischer Gitarrenmusik taucht der 1977 geborene Autor Hervier in seinem Roman ab. Der Protagonist Thomas Dupré ist 25 Jahre alt und begeisterter Rockgitarrist. Sein Geld verdient er als Journalist. «Als Zeilenschinder bei kaum bekannten Musikzeitschriften und Besitzer von gar nichts», ist er aber gerne bereit, seinem Freund einen Dienst zu erweisen: Er bringt eine äusserst seltene Gitarre, eine Les Paul Goldtop von 1954, von Paris ins schottische Hochland.
Von den Anfängen der Rockgeschichte
Der kauzige Empfänger dieses aussergewöhnlichen Exemplars wohnt auf dem ehemaligen Anwesen des Led-Zeppelin-Gründers Jimmy Page und hat für Dupré eine weitere Mission: Eine Gibson Moderne soll seine exquisite Gitarrensammlung vervollständigen. Das Modell mit seinem asymmetrisch geformten Korpus wurde 1957 entworfen.
Der Auftrag mutet nicht nur seltsam an, er ist es auch: Denn im Zusammenhang mit dem gesuchten Instrument kommt es schon bald zu unheimlichen Todesfällen. Doch Dupré bleibt dran. Getrieben von seiner eigenen Recherchierfreude sowie den finanziellen Zuwendungen seines Auftraggebers reist er in die USA, wo er mitten in eine Welt voller Gewalt, Morde und Drogenexzesse gerät. Mit viel Glück und noch mehr Unverfrorenheit rettet er sich aus den brenzligsten Situationen. Er macht Bekanntschaft mit einer Musikwissenschaftlerin und lernt den 82-jährigen Toningenieur Jerry Ramone kennen. Dieser hat mit Musiklegenden wie John Lee Hooker oder Chuck Berry gearbeitet und weiss viel von der Welt der Gibson-Gitarren, des Blues, Jazz und Rock ’n’ Roll zu erzählen. Dem Geheimnis der Moderne kommt Dupré schliesslich immer näher.
«Vintage» ist ein turbulenter Musikroman mit zahlreichen Fakten zu den Anfängen der Rockgeschichte, angereichert mit dem «nötigen Dreck», um es mit den Worten eines hiesigen Altrockers auszudrücken.
Buch
Grégoire Hervier
«Vintage»
400 Seiten
Übersetzung: Alexandra Baisch und Stefanie Jacobs
(Diogenes 2017).