«GOODNIGHT NOBODY» Einsame Nachtgestalten
Vier Schauplätze, vier Schicksale: Die Zürcher Regisseurin Jacqueline Zünd widmet sich in ihrem Nacht-Essay Menschen, die nicht schlafen können. Das Werk erhielt den Zürcher Filmpreis.
Inhalt
Kulturtipp 03/2011
Letzte Aktualisierung:
05.03.2013
Urs Hangartner
Für die vier porträtierten Menschen in aller Welt, auf vier verschiedenen Kontinenten, existiert gleichsam eine permanente «Tag-und-Nacht-Gleiche». Unfreiwillig machen sie die Nacht zum Tag, aus dem medizinisch rätselhaften Grund: Sie können nicht schlafen und sind zu ständigem Wachsein verdammt.
Die Schlaflosigkeit
Diesen Zustand hat die Zürcher Regisseurin Jacqueline Zünd, die durch ihre Mutter selber für das ...
Für die vier porträtierten Menschen in aller Welt, auf vier verschiedenen Kontinenten, existiert gleichsam eine permanente «Tag-und-Nacht-Gleiche». Unfreiwillig machen sie die Nacht zum Tag, aus dem medizinisch rätselhaften Grund: Sie können nicht schlafen und sind zu ständigem Wachsein verdammt.
Die Schlaflosigkeit
Diesen Zustand hat die Zürcher Regisseurin Jacqueline Zünd, die durch ihre Mutter selber für das Phänomen «Insomnia» sensibilisiert war, fasziniert: «Ich wollte mit meinem Film in die Köpfe der Menschen, die damit leben, und mit den Mitteln der filmischen Illusionskraft Zugang zu dieser Welt schaffen.»
Ouagadougou, Hauptstadt von Burkina Faso. Jérémie ist Hauswart und Wächter im Freiluft-Theater C.I.T.O. beim grossen Stadion. Er haust in einem Verschlag. Dort stapelt sich alles, was man auf der Bühne nicht mehr braucht. Nachts ist er dann Regisseur der Leere, wo er in seiner Fantasie die Dinge zum Leben erweckt.
Ein Dorf in der Ukraine. Der «Insomnia-Mann» Fedir ist als solcher um die Welt gegangen. Als Medienereignis, das von einem berichten konnte, der 20 Jahre ohne Schlaf auskommt. 40 Delegationen aus aller Welt waren schon bei ihm, um das Phänomen an seinem Exempel wissenschaftlich zu studieren.
Tuscon, Arizona. Hier begegnen wir dem Gothic-Girl Mila, ganz in Schwarz, das sich gelegentlich ein Superman-Gewand anzieht. Die Filmcrew begleitet die Arbeitslose auf nächtlichen Autofahrten und zeigt, wie sie sich Spiele im 24-Stunden-Convenience-Store ausdenkt. Geradezu poetisch der Satz zu ihrem Ausnahmezustand: «Es fühlt sich an wie Schwimmen durch Wackelpudding.»
Leiden und Leben
Schanghai. Die Krankenschwester Lin Yao lernt pausenlos, weil sie nicht schlafen kann. Das Lernen wiederum macht sie so müde, dass sie keinen Schlaf findet.
Mit Ausnahme von Fedir mit seiner Grossfamilie daheim sind sie alle überaus einsame Nacht-Gestalten – die sich, mehr oder weniger, mit ihrem Leiden arrangiert haben.