Gibts im Sommer die Weltmeisterschaften der Orchester, treten im Herbst am Luzerner Pianofestival die grossen Pianisten an zur Europameisterschaft. Der Klavierfreund erhält am Luzerner Pianofestival seit der KKL-Eröffnung 1998 fast alles, was sein Ohr begehrt. Allerdings merkten die Organisatoren um Michael Haefliger schnell, wie schwer es ist, Toppianisten zu verpflichten und gleichzeitig eine dramaturgisch durchdachte Klavierwoche zu bieten. Und so ändert sich das Pianofestival fast jedes Jahr ein wenig. Mal gibt es alte Musik – mal nicht. Mal gibt es Jazz – mal nicht. Mal gibt es Kammermusik – mal nicht. Einmal kam sogar die KKL-Orgel ins Spiel.
In vergangenen Jahren war das Pianofestival oft zu einer Aneinanderreihung von Auftritten grosser, klassischer Pianisten geworden, die das spielten, was sie anderswo auch aufführten.
Exklusive Momente
2013 sieht es ein wenig anders aus – es gibt Schwerpunkte im Programm und exklusive Auftritte. Musik von Schubert, Schumann und Chopin steht im Mittelpunkt. Das mag bei einem Klavierfestival genauso wenig erstaunen wie Nebel im November, aber die Konzentration von Konzerten mit hochkarätigen Pianisten an wenigen Festivaltagen ist reizvoll und lädt ein zum Vergleichen.
Der 42-jährige Meisterpianist Evgeny Kissin tritt gleich zweimal auf, er gibt mit Franz Schuberts D-Dur-Sonate D 850 ein Solorezital und spielt bei einem Orchesterkonzert mit. Einen Abend später bringt auch der 63-jährige Ausnahmekünstler Grigori Sokolow einen Schubert-Abend mit.
Rezitals von Sokolow gehören zu den exklusiven Momenten des Programms ebenso wie jene von Maurizio Pollini (*1942), der das Festival eine Woche später abschliesst. Murray Perahia (*1947) ist neben den drei genannten der vierte Gigant der Woche. Er dirigiert vom Klavier aus.
Farbtupfer im Programm sind Fazil Say (*1970) und Gabriela Montero (*1970): Say ist an einem eigenartigen Punkt der Karriere angelangt. Er ist ein Exzentriker geworden, der mit wild leidenschaftlichem Spiel über die technischen Mängel hinwegbraust. Montero macht sich einen Namen, da sie in ihren Konzerten über alles, was ihr vom Publikum gereicht wird, hübsch fantasiert.
Lise de la Salle (*1988) und Kirill Gerstein (*1979) schliesslich sind zwei Pianisten, die den Sprung von umjubelten Jungstars zu ernst zu nehmenden Künstlern geschafft haben. De la Salle war noch vor kurzem als Debütantin in der Luzerner Lukaskirche zu hören. Dort treten heuer Alexej Gorlach (*1988/Kiew), Nareh Arghamanyan (*1989/ Wanadsor, Armenien) und Adam Laloum (*1987/Toulouse) auf.
In der Lukaskirche sind für 30 Franken alljährlich tolle Überraschungen zu erleben – leider ohne Schweizer Pianisten.
Late-Night-Konzerte
Kurios mutet das Late-Night-Konzert von Momo Kodama an, spielt sie doch Werke, die zu pädagogischen Zwecken entstanden sind. Aber an einem Festival soll es auch für solcherlei Konzerte Platz haben – ebenso wie für einen öffentlichen Meisterkurs (mit Andreas Haefliger) oder «Piano Lectures», das ist Unterhaltendes zum Thema Klavier mit dem NZZ-Feuilletonchef Martin Meyer. Und auch in den Luzerner Bars wird gespielt. «Piano Off-Stage» versammelt die besten Barpianisten der Welt in der Stadt.
CD-Auswahl
Momo Kodama
La Vallee des Cloches von Ravel, Takemitsu von Messiaen
(ECM 2013).
Adam Laloum
Schumann, Humoreske Op.20/Sonate 1 Op.11, (Mirare 2013).
Nareh Arghamanyan Liszt,
Klavierkonzerte 1 & 2/Totentanz
(Pentatone 2012).
Konzerte
Lucerne Festival am Piano
12 Konzerte
Details siehe
www.lucernefestival.ch